Klinikum Bad Bramstedt beantragt Schutzschirmverfahren
Mit einem Schutzschirmverfahren will sich die Klinikum Bad Bramstedt GmbH retten. Die Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden vorerst weiter gezahlt.
Die Klinikum Bad Bramstedt GmbH hat beim Amtsgericht Neumünster ein Schutzschirmverfahren beantragt. Eigentlich sei die wirtschaftliche Lage gar nicht so schlecht, so der Geschäftsführer des Klinikums Jens Ritter. Der letzte Jahresabschluss sei gut gewesen. Das Problem: die Liquidität. "Das Bankkonto ist durch die Corona-Zeit so abgeschmolzen, dass wir zum Jahresende an die kritische Grenze kommen", sagte er. Durch die Pandemie habe es weniger Patienten gegeben.
Schwerpunkt der Klinik ist die Behandlung und Rehabilitation bei Gelenk-, Wirbelsäulen-, Hand und Fußerkrankungen. Die Inflation und die steigenden Energiepreise hätten die wirtschaftliche Situation dann noch einmal verschärft. Zum Jahresende könnten die Verbindlichkeiten der Klinik von rund 18 Millionen Euro, unter anderem Darlehen für den früheren Bau von Gebäuden, nicht mehr bedient werden. Das Schutzschirmverfahren soll einer solchen Zahlungsunfähigkeit entgegenwirken.
Gehälter werden weiter gezahlt
Unter den Mitarbeitenden war über eine Insolvenz bereits spekuliert worden, so die Gewerkschaft ver.di. Am Donnerstagnachmittag wurden sie im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung über das Schutzschirmverfahren informiert. Die Stimmung danach war gemischt. Eine Mitarbeiterin zeigte sich schockiert, eine andere sagte, sie sei zumindest froh, nun Klarheit zu haben und zu wissen, wie es weiter geht. Tatsächlich ändert sich für die rund 480 Mitarbeitenden vorerst nicht viel. "Warum soll man in einer Phase, wo man eine gute Nachfrage hat, und die ist jetzt nach Corona wieder da, Personal abbauen?", so Ritter. Es würden eher neue Stellen geschaffen als abgebaut. Auch für Patientinnen und Patienten soll der Klinikbetrieb wie gewohnt weiterlaufen.
Deutsche Rentenversicherung will Anteile verkaufen
Schon länger suchen die Verantwortlichen nach neuen Investoren für die Klinik. Ein Gesellschafter des Klinikums ist die Deutsche Rentenversicherung Nord (DRV Nord). Die will ihre Anteile von 71 Prozent bereits seit zwei Jahren verkaufen. Als Sozialversicherungsträger darf sie satzungsgemäß aber nicht mit Verlust verkaufen. Und so waren bisherige Bieterverfahren und Gespräche beispielsweise mit dem Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster erfolglos.
Klinikleitung und Gewerkschaften wünschen sich von der Rentenversicherung mehr Flexibilität, auch von der zuständigen Aufsichtsbehörde - dem Sozialministerium. "Weil es auch im Sinne der Beschäftigten sein muss", so Christian Wölm von ver.di. "Wir reden auch über Beitragsgelder, das ist Geld, was wir letztendlich alle bezahlen. Da müssen alle zusammen schauen, dass es tragfähige Lösungen gibt", sagt er. Das Sozialministerium antwortete bis zum Donnerstagabend nicht auf die Anfrage von NDR Schleswig-Holstein.
Mehr Handlungsspielraum durch Schutzschirm
Das sogenannte Schutzschirmverfahren soll der Klinik nun mehr Handlungsspielräume geben, das Unternehmen finanziell zu sanieren. Ein Vorteil: Gehälter und Löhne der Mitarbeitenden werden für die Dauer des Verfahrens durch die Agentur für Arbeit gezahlt. Dadurch spart die Klinik rund 6 Millionen Euro. Außerdem besteht durch das Verfahren laut Ritter die Möglichkeit laufende Verträge zu überprüfen und neue Vereinbarungen zu treffen, beispielsweise im Energiebereich. "Bei der Preisentwicklung im Energiebereich macht das jetzt leicht 25 Prozent aus, die man damit reduziert." Und es kann Gespräche mit Gläubigern geben, ob diese Zugeständnisse bei Rückzahlungen machen.
Darüber hinaus könnte das Schutzschirmverfahren, in dem ein sogenannter Insolvenzplan erstellt wird, auch der DRV erleichtern die Anteile abzugeben, so die Einschätzung von Stefan Denkhaus. Er ist sogenannter Sachwalter, der im Auftrag des Amtsgerichts Neumünster das Verfahren überwacht. Durch das Verfahren sei nicht mehr der Gesellschafter dafür zuständig seine Anteile zu verkaufen, sondern die Gläubigerversammlung. Dieser könne das Unternehmen im Insolvenzplan einen neuen Investor vorschlagen. "Und wenn sie Ja sagt gehen die Anteile der DRV oder auch des UKE oder auch der Stadt über auf den Investor", erklärt er. Laut Denkhaus sei es möglich, dass es im Verfahren mit der Rentenversicherung so läuft. Dann würde die DRV für ihre Anteile laut Denkhaus allerdings gar nichts mehr bekommen. Neben der DRV sind das Universitätsklinikum Eppendorf und die Stadt Bramstedt beteiligt.
ver.di hofft auf schnelle Lösungen
Zwei bis drei Monate dauert ein Schutzschirmverfahren laut Experten in der Regel. Ver.di fordert nun schnellstmögliche Sicherheit für alle Beschäftigten - auch, um Tarifverhandlungen fortzusetzen. Bei einem kürzlich verhandelten Tarifvertrag hatten sich ver.di und Klinikum nur auf einen einmaligen Inflationsausgleich einigen können, nicht aber eine dauerhafte Gehaltserhöhung. Dem aktuellen Vertrag habe man nur wegen des möglichen Anteilsverkaufs der DRV "zähneknirschend" zugestimmt, so ver.di.