Klimawandel: Hof bei Kiel baut Aprikosen an
Aprikosen wachsen eigentlich nicht in Schleswig-Holstein. Weil aber seine Erdbeeren, Himbeeren und Stachelbeeren unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, baut ein Landwirt aus Passade die Südfrüchte an.
Prüfend geht Hauke Klindt durch die Reihen seiner Aprikosenplantage. Er kontrolliert die Blätter der noch jungen Bäume auf Schädlinge und bricht einen welken Ast heraus. Ein paar reife Früchte erntet er per Hand. "Viele hängen nicht mehr dran. Die Gewitterstürme der letzten Tage haben einen Großteil vom Baum gefegt", erzählt der Landwirt. Erst in diesem Frühjahr hat er seine Aprikosen angepflanzt - als einer von ganz wenigen Obstanbaubetrieben im Land, die es mit der Südfrucht versuchen. "Wir sind der nördlichste Betrieb in ganz Deutschland", sagt er.
Frucht gedeiht bisher im warmen Süden
Eigentlich wachsen Aprikosen in warmen Breitengraden, wie zum Beispiel in der Türkei, in Frankreich, aber auch in Süddeutschland. Es ist ein Experiment für Hauke Klindt, der den familieneigenen Hof Moorhörn in Passade im Kreis Plön bewirtschaftet. Die vierte Generation steht mit den beiden Söhnen Jannek und Henrik schon in den Startlöchern. Die Familie betreibt Ackerbau, hält Galloways und Schweine und baut seit Jahren auch Früchte an. Auf den Selbstpflücker-Plantagen wachsen vor allem Beerenfrüchte: Erdbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren und noch einiges mehr.
"Erdbeeren und Himbeeren hatten in diesem Jahr Sonnenbrand"
Den Versuch mit den Aprikosen macht der Klimawandel möglich. Und nötig. Denn Hauke Klindt weiß, dass er auf die immer häufiger auftretenden Wetterextreme reagieren muss. "Der Klimawandel macht uns mehr und mehr zu schaffen. Vor allem die Erdbeer- und Himbeerkulturen haben in diesem Jahr unter der wochenlangen Dürre im Mai und Juni gelitten und hatten richtigen Sonnenbrand."
Der Landwirt rechnet mit dem Ende des Freilandanbaus
Auf 20 Prozent schätzt er den finanziellen Verlust, den er am Ende dieser Saison ausrechnen wird. Im letzten Jahr kam es noch schlimmer: 80 Prozent der Kulturen im Freiland waren ihm erfroren. "Da stellt sich für uns einfach die Frage, ob der Anbau im Freien noch sinnvoll ist", erklärt der Landwirt. In zehn Jahren, schätzt er, werde es wahrscheinlich nur noch den geschützten Anbau geben. "Das ist zum Beispiel in den Niederlanden heute schon so." Geschützter Anbau heißt aber auch: mehr Aufwand. "Die Preise werden steigen", sagt Hauke Klindt.
Aprikosen vertragen Hitze und Trockenheit
Gerade einmal rund 150 Aprikosen konnte Familie Klindt im ersten Jahr von den jungen Bäumen pflücken. Der Landwirt ist trotzdem zufrieden. "Eigentlich dauert es nach dem Pflanzen bis zu vier Jahre, bis Aprikosenbäume tragen. Dass wir in diesem Jahr schon erste Ergebnisse sehen, ist doch gut", findet er. Die Bäume wachsen unter einem Wetterdach, das sie zum Beispiel vor Starkregen schützen soll - aber auch vor den im Norden noch bis Mitte Mai auftretenden Nachtfrösten. "Die könnten den schon ausgetriebenen Knospen im Frühjahr gefährlich werden", erklärt Klindt. "Ansonsten vertragen Aprikosen auch Hitze und Trockenheit." Er hatte sich vorab Obstbau-Versuchsbetriebe im Alten Land in Niedersachsen angesehen, die bei realistischem Arbeitsaufwand bereits gute Erträge mit Aprikosen erzielt haben. "Das hat uns bewogen, es mit den Früchten zu versuchen."
Anbau verspricht Erfolg
Noch rechnet sich die Passader-Aprikosenplantage nicht. Die wenigen Früchte gehen nicht in die Vermarktung. Hauke Klindt ist aber zuversichtlich, dass sich der Anbau bald lohnen könnte. Zunächst möchte er die Fläche von jetzt 0,1 Hektar verdreifachen. Das würde Investitionen von etwa 30.000 Euro bedeuten. "Nächste Jahr möchte ich eine Tonne Aprikosen ernten", hat er sich vorgenommen. Fürs Erste freut sich der Landwirt über die Schale voller reifer Früchte, die er heute gepflückt hat.