Stand: 12.07.2016 05:00 Uhr

Kita-Gebühren: Unterschiede sind extrem groß

von Daniel Kummetz

Dagebüll (Kreis Nordfriesland) und Reinbek (Kreis Stormarn) - zwei Orte, die in Schleswig-Holstein nur rund 162 Kilometer auseinander liegen. Doch bei den Gebühren für die Kita-Betreuung liegen Welten zwischen den beiden Orten. Während die Eltern in der Evangelischen Kita "Friesenmäuse" im Dagebüller Ortsteil Fahretoft rund 130 Euro im Monat zahlen, wenn sie ihr Kind ganztägig betreuen lassen, müssen die Eltern im städtischen Kindergarten Schönningstedt der Stadt Reinbek mehr als vier Mal so viel löhnen: 517 Euro im Monat. Aufs Jahr hochgerechnet sind das Preise zwischen 1.560 und 6.209 Euro. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Umfrage von NDR 1 Welle Nord unter den Kommunen im Land.

Durchschnittliche Stundenpreise für die Betreuung von unter Dreijährigen

  • > 3 €
  • 3,00 - 2,50 €
  • 2,50 - 2,00 €
  • 2,00 - 1,50 €
  • < 1,50 €

Bis zu 3,08 Euro pro Betreuungsstunde

Vorgehensweise der Umfrage

Der NDR hat bei den Kommunalverwaltungen die Listen aller Kitas und Angaben zu den Gebühren abgefragt. Viele konnten nicht die Gebühren für alle Kitas in ihrem Verwaltungsgebiet nennen. Dem NDR liegen 1.750 Gebührendaten von mehr als 1.400 Kitas vor.

Die Redaktion hat sich entschlossen, die U3-Ganztagsbetreuung zu vergleichen, weil der Bereich am stärksten in der politischen Diskussion ist und dort die Gebührenmodelle relativ einfach sind. Von den angefragten Kitas bieten 875 Ganztagesplätze an. Die Betreuungszeit für einen Ganztagsplatz schwankt dabei zwischen sieben und elf Stunden. Um die Gebühren vergleichbar zu machen, wurde die Grundgebühr deshalb auf eine tägliche Betreuungsstunde heruntergerechnet.

Beispiel Fahretoft, ein Ortsteil von Dagebüll in Nordfriesland: Dort liegt die Grundgebühr bei 124 Euro im Monat (21 Betreuungstage) für sieben Stunden Betreuung am Tag - umgerechnet 0,84 Euro pro täglicher Betreuungsstunde.

Die Landeshauptstadt Kiel liegt demnach ziemlich genau im Landesdurchschnitt: Hier zahlen die Eltern 320 Euro im Monat für acht Stunden Betreuung pro Tag. Die Gebührenunterschiede im Land lassen sich zum Teil durch die verschiedenen Kita-Konzepte erklären, aber nicht vollständig: In der kleinen Dorfkita "Friesenmäuse" (0,84 Euro pro Betreuungsstunde) gibt es nur eine Gruppe, die für Kinder aller Altersgruppen offen ist. Der Kindergarten Schönningstedt (3,08 Euro) indes bietet eine komplett auf Kinder unter drei Jahren ausgerichtete Gruppe. Ein klassisches Krippenangebot bietet auch die Stadt Neumünster: Es kostet dort für die Eltern rund 181 Euro im Monat (1,08 Euro pro Betreuungsstunde).

"Ein Beigeschmack von Willkür"

Kita-Eltern und viele Träger der Einrichtungen ärgern sich über die unterschiedlichen Gebühren. Das sei "höchst unbefriedigend", sagt Matthias Radeck-Götz von der Landeselternvertretung der Kitas in Schleswig-Holstein. "Das hat einen Beigeschmack der Willkür". Für Michael Selck, Geschäftsführer der AWO Schleswig-Holstein, sind die Kitagebühren auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. "Es kann nicht sein, dass nach dem Geldbeutel der Eltern und der Kommunen entschieden wird, ob ein Kind Bildungschancen bekommt oder nicht", meint er. Das Kita-Aktionsbündnis aus Trägern, Eltern und Gewerkschaften fordert ein einheitliches Finanzierungssystem.

Wann sind Elternbeiträge angemessen?

Über die Höhe der Gebühren entscheiden in Schleswig-Holstein die Städte und Gemeinden. Sie sind für die einzelnen Kitas verantwortlich. Bund, Land, Eltern, manchmal auch der Träger und immer die Kommunen finanzieren die Einrichtungen. Der jeweilige Anteil der Eltern ist von Ort zu Ort verschieden. Sie sollen laut Gesetz einen "angemessenen" Beitrag leisten. Die Kommunalen Landesverbände haben empfohlen, die Eltern mit 30 Prozent zu beteiligen. Doch dieser Rat stammt aus dem Jahr 1991 - als das Kita-Gesetz neu war. Das Sozialministerium verweist auf einen juristischen Kommentar zum Kita-Gesetz, der angemessen als "20 bis 30 Prozent" deklariert.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 12.07.2016 | 06:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Kinderbetreuung

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Ein rot-weißes Absperrband vor einer Wiese, darunter ist Stacheldrahtzaun. Auf dem Absperrband steht: Schutzzaun Afrikanische Schweinepest. © picture alliance/dpa | Christoph Schmidt Foto: Christoph Schmidt

Kampf gegen Afrikanische Schweinepest: SH bereitet sich vor

Vorsorglich werden Jagdhunde extra ausgebildet und Materialien für Schutzzäune gekauft. In Hartenholm lernten Jäger jetzt den Zaunaufbau. mehr

Videos