Integration gelungen: Junge Syrerin startet durch
Seit der Messerattacke in Brokstedt wird in Schleswig-Holstein viel über Integration diskutiert. Vieles läuft schief, doch es gibt auch positive Beispiele wie etwa Alaa Jamo. Die 20-Jährige kommt aus Syrien und ist mit ihrer Familie nach Deutschland geflüchtet.
Ein Labor im Beruflichen Gymnasium für Biotechnologie in Neumünster. Alaa Jamo steht mit Klassenkameraden an einem Tisch. Konzentriert zieht sie eine durchsichtige Flüssigkeit in eine Pipette. Die Syrerin arbeitet an einer DNA-Analyse im Laborunterricht. Vor sieben Jahren kam die 20-Jährige aus einem kleinen Dorf bei Aleppo in Nord-Syrien nach Deutschland. Sie absolvierte erst die Hauptschule, dann die Realschule, dabei wurde sie jeweils Jahrgangsbeste. "Ich bin immer gerne zur Schule gegangen. In der Schule habe ich mich immer sehr wohlgefühlt", erinnert sich Alaa. Im kommenden Jahr will sie Abitur machen - und begleitend dazu eine Ausbildung als Biologisch-Technische Assistentin. Das geht nur an der Elly-Heuss-Knapp- Schule in Neumünster. Zwei Stunden Anfahrt aus Plön nimmt sie dafür jeden Tag in Kauf.
Sprache und Offenheit helfen bei Integration
Deutsch hat Alaa Jamo nicht nur in der Schule gelernt, sondern auch durch den Kontakt mit Deutschen. Anderen Migranten rät sie deshalb: "Einfach offener sein und auf die Menschen zugehen. Und mal die Leute zu sich nach Hause einladen. Viele Deutsche denken, unsere Frauen tragen das Kopftuch die ganze Zeit auch zuhause. Und dann kommen die Leute und sehen, dass es manchmal auch anders ist." Bei Besuchen könne man dann in Ruhe zusammen essen, Gemeinsamkeiten entdecken und sich anfreunden.
Ausgrenzung in der Familie durch Integration
Bei ihrer Ankunft in Deutschland hätten sie sich mehr Unterstützung gewünscht. Die Jamos mussten zum Beispiel lange auf einen Deutschkurs warten, durften nicht arbeiten, saßen frustriert zuhause. Heute fühlen sie sich gut integriert. So glatt laufe es aber nicht immer, erzählt Alaa. "In ganz vielen Familien will sich ein Teil der Familie integrieren, der andere Teil nicht. Dann wird man verurteilt", erzählt die 20-Jährige. Wenn man sich integriere, bekomme man mitunter von Teilen der Familie zu hören: Du bist jetzt deutsch, du hast unsere Kultur verraten, du gehörst einfach nicht mehr zu uns.
Rassismus verschärft Probleme
Am Nachmittag geht Alaa Jamo shoppen mit eine ihrer deutschen Freundinnen. Sie schlendern durch die Fußgängerzone in Plön. So unbefangen bewegen konnte sie sich nicht immer. Sie hat Rassismus zu spüren bekommen: "Im Bus hatte ich total immer Angst. Ich bin durch den Gang gelaufen und mir wurde an den Haaren gezogen. Oder ich habe mir Sprüche angehört wie 'geh' wieder in dein Land zurück, ihr nehmt ja nur unser Geld weg'." Schwierig sei zu der Zeit gewesen, dass sie nicht antworten konnte, weil sei noch nicht gut Deutsch sprach.
Alaa Jamo: Auch Deutsche können von Flüchtlingen lernen
Alaa Jamo wünscht sich von deutschen Eltern, dass sie ihre Kinder mehr für das Thema sensibilisieren. Auch Deutsche könnten von Geflüchteten viel lernen, erklärt auch Alaas Freundin Fea Neis: "Die haben so viel durchgemacht, so komplett aus einem ganz anderen Land hier herzukommen, sich alles neu aufzubauen. Das merkt man denen überhaupt nicht an."
Ihren Weg nach dem Abitur hat Alaa Jamo schon geplant: Sie will Biomedizin studieren. Die Noten dazu könnten reichen - ihr Schnitt im Halbjahreszeugnis liegt bei 1,4.