Höfe-Sterben in SH: So kämpfen kleine Betriebe ums Überleben
In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Schleswig-Holstein halbiert. Das Problem: Kleine Höfe haben es schwer, ihre Produkte gewinnbringend zu vermarkten. Ein kleiner Biohof im Norden von Kiel zeigt, wie es gehen kann.
Yannick Rzehak betreibt mit seiner Familie einen Biohof in der Nähe von Kiel. Vor sieben Jahren hat er den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Mit 40 Milchkühen und rund 72 Hektar Land gehört er zu den eher kleineren Höfen in Schleswig-Holstein - und von denen gibt es immer weniger.
Allein in den vergangenen 30 Jahren hat sichnach Angaben der Landesregierungdie Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe halbiert. Während es 1990 noch 24.862 Betriebe im Land waren, sind es heute nur noch 12.194. Das Problem: Den Betrieben fällt es immer schwerer, ausreichend zu wirtschaften. Einen Grund sehen betroffene Landwirte in der aktuellen Förderpraxis.
Kleine Betriebe, wenig Förderungen
"Für kleine Betriebe ist es problematisch, dass die Hauptförderungen - die Förderungen der EU - an die Fläche gekoppelt sind", sagt Yannick Rzehak. Das bedeutet: Je kleiner der Betrieb ist, umso weniger Förderung erhalten sie. Zwar könnten kleine Betriebe auch über Ökosystemleistungen Prämien generieren, doch der Löwenanteil hänge an der Fläche. "Und damit sind kleine Betriebe eindeutig benachteiligt", sagt Rzehak. Er findet, dass die Subventionen aus Brüssel mehr zu Gunsten kleinerer Höfe umverteilt werden sollten.
Berlin: Demonstration gegen das Höfe-Sterben
Es sind Forderungen wie diese, die auch am vergangenen Wochenende erneut hunderte Menschen auf die Straße getrieben haben. Ein breites Bündnis an Agrar- und Umweltverbänden demonstrierte im Umfeld der Agrarmesse "Grüne Woche" am Samstag in Berlin. Die Teilnehmenden forderten Maßnahmen, um den Umwelt- und Tierschutz zu erhöhen und das Höfe-Sterben zu stoppen. Zudem brauche es wirtschaftliche Planbarkeit, faire Preise und eine gerechte Transformation der Landwirtschaft.
Forderung: Gemeinwohlleistungen honorieren
Auch Yannick Rzehak war in Berlin und nahm an den Protesten teil. Er hofft, dass Gemeinwohlleistungen wie Tierschutz-Maßnahmen oder der Erhalt der Biodiversität in Zukunft besser bezahlt werden. Das würde auch für konventionelle Betriebe Anreize schaffen, so Rzehak, dass sie umweltfreundlich wirtschaften und gesellschaftliche Folgekosten vermeiden.
"Vor allem fände ich es sinnvoll, wenn man eine Deckelung einführt, sodass ab einer bestimmten Größe keine Förderungen mehr bezahlt würden", so Rzehak. Dadurch würde die Landwirtschaft insgesamt vielfältiger. Heißt: Statt der wenigen großen würden auch die vielen kleinen Betriebe unterstützt. Rzehak: "Das wäre ein wichtiger Schritt, um das Höfe-Sterben aufzuhalten."
Mehr Unabhängigkeit durch Direktvermarktung
Für Familie Rzehak ist abseits der üblichen Wege die Direktvermarktung ihrer Produkte ein elementares Standbein. Anders könnten sie den Hof nicht halten, sagt Anna Kenner. Gemeinsam mit Yannick Rzehak leitet sie den Biohof. In einem eigenen Hofladen vermarkten sie eigenständig ihre Milch, sowie Käse, Joghurt und Quark, den sie in der hofeigenen Meierei herstellen.
Zudem ließe sich ohne Direktvermarktung das Tierwohl-Level nicht aufrechterhalten, sagt Kenner. Denn erst dadurch sei es möglich, dass zum Beispiel auch Bullenkälber großgezogen werden können. Ihr Fleisch lasse sich gut im eigenen Hofladen vermarkten. Allerdings sei auch hier die aktuell schwierige Preissituation bei Lebensmitteln zu spüren, so Kenner, weshalb viele Verbraucher weniger Bio-Produkte kaufen würden.
Sicherheit durch Solidarität
Planungssicherheit hat Familie Rzehak wiederum durch die Mitgliedschaft des Hofes im Verein "Solidarische Landwirtschaft". Dabei verpflichten sich Menschen für ein Jahr, den Hof monatlich zu unterstützen und im Gegenzug Produkte zu erhalten. "Das läuft immer noch total gut. Wir sind sehr dankbar dafür, weil es ein sehr verlässlicher Vermarktungsweg ist", sagt Kenner.
Familie sieht Politik in der Pflicht
Allerdings ist die Direktvermarktung keine Lösung für jeden Landwirt. Es brauche die Logistik, das Know-how, das Personal, so Kenner. Außerdem würden zu wenige Verbraucher die Produkte direkt vom Landwirt kaufen, sodass jeder Hof von den Erträgen leben könnte. Deshalb sieht Familie Rzehak die Politik in der Pflicht, Lösungen zu finden - damit auch kleinere Höfe in Zukunft eine Überlebenschance haben.