Grünen-Parteitag mit Robert Habeck: Was lief schief bei der Bundestagswahl?
Bei der Wahlnachlese in Neumünster gab es Standing Ovations für den ehemaligen Kanzlerkandidaten, aber auch kritische - und selbstkritische - Töne.
Noch ist er geschäftsführender Bundeswirtschaftsminister, aber wenn Robert Habeck mit seinen langjährigen Parteifreunden am Rande des Saals in der Stadthalle Neumünster steht, dann wirkt das wie auf früheren Parteitagen. Als Habeck die Grünen in eine neue Richtung - nämlich weiter in die Mitte - führen wollte, erst im Land, dann im Bund. Zuletzt trat er für sie als Kanzlerkandidat an. Gut einen Monat nach der verlorenen Bundestagswahl wird er in Neumünster mit warmem Applaus empfangen.
War die Strategie falsch?
Habeck stellt gleich klar, er selbst wolle keine Antworten für die Zukunft geben, er "enthalte" sich. Im Wahlkampf habe er eine differenzierte, "selbstreflektierende, leise Politik" machen wollen. Quasi als Gegensatz zu Populisten und lauten Tönen. Mit Blick auf das Wahlergebnis stellt er eine grundsätzliche Frage in den Raum: Ob es möglich ist, "in so einer Zeit eine solche Politik zu machen?"

Das Wahlergebnis spreche dagegen, sagt Habeck. Die Grünen waren bei der Bundestagswahl auf 11,6 Prozent der Stimmen gekommen - nach 14,7 Prozent im Jahr 2021. Es brauche jetzt eine Analyse, so Habeck. Für die die Partei sich Zeit nehmen sollte.
Habeck will keine Führungsrolle mehr - oder doch?
"Wenn diese Analyse zu dem Ergebnis kommt, dass das, was ich lebe, was meine politische Existenz ist, weiter gebraucht und gewollt ist, dann können wir den Weg gern weiter gehen", sagt Habeck. Und wenn nicht, dann sei das auch in Ordnung.
Das kann man als eine Andeutung verstehen, dass Habeck am Ende doch wieder eine größere Rolle in der Partei spielen könnte. Nach der Wahl hatte er angekündigt, keine Führungsrolle mehr bei den Grünen übernehmen zu wollen. Klar ist derzeit nur, dass er sein Bundestagsmandat wahrnehmen will. Und dass er derzeit als geschäftsführender Wirtschaftsminister wieder stärker gefordert ist - dank der Zoll-Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump.
Leichte Sprache statt akademischer Bubble
Mehrere Delegierte in Neumünster stellen sich die Frage, warum die Grünen viele Menschen nicht erreichen - und sie nicht von ihren Themen überzeugen können. Viele Menschen seien verunsichert, sagt Partei-Urgestein Karl-Martin Hentschel, "wir müssen damit umgehen." Raus aus der eigenen Blase - und die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen.
Andere Delegierte finden die Sprache der Grünen "zu abgehoben, zu akademisch" - und auch Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter meint: Die Partei müsse nicht populistischer werden, "aber populärer." Und nicht mehr über "Kontingentstundentafeln" reden, sondern darüber, warum Bildung wichtig sei.
Grüner Landesverband wächst
Die Debatte wird bei den Grünen noch länger weiter gehen, etwa auch am Sonntag (6.4.) auf dem kleinen Bundesparteitag. Habeck dankt am Ende seiner Rede seinen Wahlkämpfenden: "Es war mir eine Ehre." Standing ovations folgen.
Bundestags-Spitzenkandidatin Luise Amtsberg hatte Robert Habeck zuvor Respekt gezollt - er habe Menschen inspiriert - und motiviert, in die Partei einzutreten. Zum Zeitpunkt des Ampel-Bruchs am 6.11. 2024 hatten die Grünen im Land gut 6.000 Mitglieder, zum Jahreswechsel gut 7.000, und zum Auftakt des Parteitags heute liegt die Zahl der Mitglieder bei 8.500.
Einig sind sich die Delegierten an diesem Sonnabend in ihrer Kampfansage an die kommende Bundesregierung: Luise Amtsberg meint, CDU und SPD im Bund müssten sich warm anziehen. Denn: "Opposition können wir."
