Gedämpfte Landtagsdebatte über Gewalt gegen Einsatzkräfte
Taugt die Silvesternacht in Berlin mit ihren Angriffen auf Einsatzkräfte auch zur Diskussion über Integration? Das blieb am Donnerstag im Landtag strittig. Die Abgeordneten standen bei der Debatte noch unter dem Eindruck der tödlichen Attacke in einem Regionalzug.
Draußen vor dem Landtag wehen die Flaggen auf Halbmast - nach der Gedenkminute für die Opfer von Brokstedt wieder zur Tagesordnung überzugehen, fällt den Abgeordneten nicht leicht. Aber letztlich geht es um diejenigen, die auch am Mittwoch im Einsatz waren - Polizei, Rettungskräfte, ehrenamtliche Helfer. Ihnen wollen die Abgeordneten den Rücken stärken. Wenn sie auch unterschiedliche Meinungen haben.
In der Silvesternacht seien Feuerwehrleute in Hinterhalte gelockt und sinnlos attackiert worden, sagt FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Es seien dabei "Integrationsdefizite zutage getreten, die man auch ansprechen muss", sagt er. Die Reaktion der Landesregierung auf die Vorfälle kritisiert Vogt. Sie sei "im Ton nicht angemessen und überzeugend" gewesen.
Gemeint sind Tweets der Sozialministerin Aminata Touré von den Grünen. Sie hatte sich nach den Silvesterausscheitungen gegen "dämliche Metadebatten über Integration" ausgesprochen und stattdessen für ein Böllverbot geworben.
Offene Debatte gefordert
Wer glaube, mit einem Böllerverbot seien alle Probleme gelöst, sei "auf dem Holzweg", findet Tim Brockmann von der CDU. Die Debatte müsse "offen und ehrlich geführt werden und darf nicht politisch abgewürgt werden", sagt er.
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter verurteilt auf schärfste die "Idiotie", die es in der Silvesternacht in Berlin gegeben habe. Sagt aber auch, dass es "gute Gründe für ein Böllverbot" gebe - etwa den Umwelt- und Brandschutz. Dass an Silvester auch Alkohol getrunken werde, sei "nicht die beste Kombination", so Petersdotter.
Der SPD-Abgeordnete Niclas Dürbrook stellt fest: "Über Nacht wurden die Böller zu Integrationsdebatte". Er argumentiert: Dort, wo es einen hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund gebe, sei auch unter den Tätern an Silvester ein hoher Anteil. Zur Skandalisierung tauge das nicht. Sorge aber für eine "Stigmatisierung." Dürbrook fordert eine Verstärkung der Polizei auch in der Fläche.
Sütterlin-Waack dankt Helfern: "Was wären wir ohne Euch alle"
Lars Harms vom SSW findet den Vorstoß der FDP "schwierig" - und für ein Böllerverbot gibt es aus seiner Sicht gute Argumente. Es geht in der Debatte aber nicht nur um die Silvesternacht. Mangelnder Respekt gegen Einsatzkräfte beschäftigt die Politik seit Jahren.
Aus Sicht von Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack lässt sich der gesellschaftliche Trend nur mit guter Präventionsarbeit umkehren. Es müsse offen über Ursachen diskutiert werden. Auch sie nimmt noch einmal Bezug auf die Geschehnisse vom Vorabend und spricht von einem "mutigen, ja heldenhaften Einsatz einiger Mitreisender" im Regionalexpress von Kiel nach Hamburg.
Und dankt den Einsatzkräften und Helfern: "Was wären wir ohne Euch alle."