"Flügelgott" aus Rellingen: Autobauer-Legende baut Luxuskarossen um
In seiner SGS Styling Garage in Rellingen baut Chris Hahn Autos Flügeltüren ein oder macht aus normalen Fahrzeugen lange Limousinen. Nach fast 50 Jahren sucht der "Flügelgott" jetzt einen Nachfolger.
Unter der Hebebühne, auf der gerade ein Mercedes steht, der zum Cabrio umgebaut wird, geht Hahn an diesem Morgen zuerst in den hinteren Teil seiner Werkstatt in Rellingen (Kreis Pinneberg). Denn er will nachsehen, wie weit seine Mitarbeiter mit dem neuesten Auftrag sind. Kurz vor der Rente verleiht er gerade noch einmal fünf Mercedes-Modellen aus den Achtzigern Flügel. Das dauert jeweils ein Jahr - und kostet 300.000 Euro. Was Hahn hier in Rellingen baut, ist weltweit begehrt. "Das sind alles Autos, die es in der Welt gar nicht gibt," sagt er. "Wir machen sie länger, breiter, höher."
Röhrenfernseher im Amaturenbrett
Mehr als 300 Mercedes 500 SEC hat er in Cabrios verwandelt, aus normal langen Fahrzeugen Limousinen gemacht und unterschiedlichsten Autos Flügel eingebaut. Mit seinen Spezialumbauten ist Hahn in den 80er-Jahren weltweit bekannt geworden. Zu seinen Kunden zählten Promis wie Tom Jones, Michael Jackson oder der Sultan von Brunei. Dem gelernten Maschinenbauer und Ingenieur war kein Kundenwunsch zu absurd - vom Röhrenfernseher im Armaturenbrett über das eingebaute Doppelbett bis zum Piano im Innenraum. "Wir haben so viele spektakuläre, verrückte Sachen gemacht", erinnert sich die Autobauer-Legende. "Zum Beispiel haben wir für einen Scheich vierzig Autos in den verschiedenen Farben des Regenbogens lackiert. Sogar die Maschinenpistolen in der Seitenverkleidung und die Anzüge der Chauffeure waren regenbogenfarbig."
Seine Fahrzeuge stehen in Museen
Vor 47 Jahren hat der sogenannte Flügelgott die SGS Styling Garage gegründet. Er hatte zeitweise mehr als 200 Mitarbeiter und Showrooms in Los Angeles und Miami. Nach zwei Insolvenzen und Comebacks sind es mittlerweile nur noch sechs Mitarbeiter und die Firma konzentriert sich auf die Restaurierung und Wartung ihrer Klassiker. Der erste Kunde an diesem Tag fährt mit einem Mercedes 500 SEL in die Werkstatt. Den hatte Hahn in den 90er-Jahren zur Limousine verlängert. Das Auto war lange in Moskau als litauische Staatslimousine im Einsatz. Kunde Thomas Krambeck will es jetzt für seine Eventfirma nutzen und überholen lassen. "Er baut wunderschöne Autos. Sie sind einfach perfekt", sagt er. "Und sonst macht das keiner." Viele Fahrzeuge, die Hahn einmal umgebaut hat, stehen mittlerweile in Museen. "Ich freue mich immer, wenn ich sie wiedersehe. Teilweise sind sie noch in hervorragendem Zustand", sagt er.
"Flügelgott" sucht Nachfolger
Jetzt, nach fast 50 Jahren im Geschäft, will der "Flügelgott" in Rente gehen und sucht einen Nachfolger. Mit einigen Interessenten ist er schon im Gespräch. Die müssen natürlich einiges an Know-how mitbringen. "Denn es ist ja mein Lebenswerk", sagt Hahn. "Einfach zu sagen: 'Das war's jetzt, ich schließe die Bude ab', wäre zu schade. Es wäre schön, wenn die Firma weiter solche Autos bauen würde." Der 73-Jährige möchte nicht mehr dreizehn Stunden am Tag in der Werkstatt stehen. Stattdessen möchte er mehr Zeit mit seiner Frau verbringen und ein Buch schreiben - über seine Erlebnisse als "Flügelgott".