Emotionale CCS-Debatte im Landtag
Ist die Technologie nun ein Umweltrisiko oder eine wichtige Innovation auf dem Weg zur Klimaneutralität? Bei der Debatte über CCS bleiben die Fronten im Landtag verhärtet.
Auf den letzten Metern kochen die Emotionen noch einmal hoch. Als die Landtagssitzung schon dem Ende entgegen geht, steht der Dringlichkeitsantrag des SSW auf der Tagesordnung. Der Abgeordnete Christian Dirschauer findet es "schräg", dass der Landtag sich immer wieder gegen CCS ausgesprochen hat - zuletzt im Juni 2022, einstimmig - der Regierungschef das Thema aber wieder ins Spiel gebracht hat. Dirschauer sagt, damit werde der Parlamentsbeschluss "untergraben", Bürgerinnen und Bürger würden verunsichert. Denn: "Die Menschen in Schleswig-Holstein wollen CCS nicht. Nicht an Land und nicht im Meer."
CDU und Grüne vereint gegen Scheuklappen
Für CDU-Fraktionschef Tobias Koch gilt das nicht. Er will die "Scheuklappen absetzen" und führt dafür wissenschaftliche Erkenntnisse an. So habe etwa das Geomar-Institut CCS nicht als Hochrisikotechnologie eingestuft. Koch schlägt eine Expertenanhörung vor - und fordert eine pragmatische Diskussion: "Alles andere wäre pure Ideologie!"
Lasse Petersdotter von den Grünen will sich nach dem Vorstoß des Ministerpräsidenten der "komplexen Diskussion stellen" - und die Argumente abwägen. Zwar sorgt sich Petersdotter um die Nordsee. "Und gleichzeitig sehen wir auch das offensichtliche klimatologische Dilemma." Als verfrühtes Befürworten der CCS-Technologie will der Grünen-Fraktionschef das nicht verstanden wissen. Aus der Opposition kommen höhnische Zwischenrufe.
SPD sieht Ablenkungsmanöver
Auch für SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller klingt das alles nach einem faulen Kompromiss zwischen CDU und Grünen: "Man kann ihnen die Schmerzen ansehen", sagt er an Petersdotter gerichtet. Die Klimaziele der Koalition seien nicht ambitioniert genug. Und "um davon abzulenken, starten Sie immer wieder Diskussionen über vermeintlich alternative Lösungen für die Klimakrise. Weiterbetrieb der Atomkraftwerke, E-Fuels und jetzt CCS." Empörte Zwischenrufe - diesmal aus den Reihen der Koalition.
Aus Sicht der FDP kann CCS - weit draußen unter der Nordsee, nicht an Land - helfen, die Klimaziele schneller zu erreichen. Eine ideologiefreie Debatte sei längst überfällig, sagt der Abgeordnete Oliver Kumbartzky. "Wir haben herausfordernde Zeiten und die erfordern eben auch innovative Lösungen und Fortschritt durch technologische Innovationen."
Nicht alles Skandinavische gefällt dem SSW
Es folgt eine Auseinandersetzung zwischen CDU und SSW: Die Partei der dänischen Minderheit solle doch auch bei diesem Thema nach Skandinavien gucken, wo CCS längst akzeptiert sei, findet die CDU. SSW-Fraktionschef Lars Harms stellt klar, dass nicht alles, was aus Skandinavien komme, automatisch gut sei - Stichwort Grenzkontrollen.
Ministerpräsident Daniel Günther wirbt schließlich dafür, "rational und wissenschaftsgeleitet" zu handeln - wie bei Corona. CO2 nur in anderen Ländern zu verpressen, sei keine ehrliche Lösung und führe zu neuen Abhängigkeiten, sagt der Regierungschef. SPD und SSW wirft er vor, sich dem Thema nicht zu stellen. Man müsse seine Positionen auch hinterfragen können. Und das "Nein" zu CCS nicht "unreflektiert erneuern", so Günther.
Die Abgeordneten werden nun Experten zum Thema befragen. Ziel: eine "differenzierte Einschätzung über die etwaige Notwendigkeit von CCS zur Erreichung der Klimaziele."