Elfjähriges Kickboxtalent aus Brunsbüttel kämpft bei WM
Yuna Elias sei ein Ausnahmetalent, sagt ihr Trainer. Die Elfjährige aus Brunsbüttel wurde bereits norddeutsche Kickbox-Meisterin. Jetzt will sie in Kanada Weltmeisterin werden. Aber hat sie auch eine realistische Chance?
Beim Abschlusstraining in Brunsbüttel wirkt die elfjährige Kickboxerin sehr fokussiert, dynamisch, kraftvoll und beweglich. Ihr Trainer Enrico Bulla fordert diverse Schlag- und Trittkombinationen von ihr. Hält ihr seine mit Bratzen gepolsterten Hände hin. "Jetzt komm, links, rechts, links, kick", Yuna schlägt mit hoher Geschwindigkeit. Und als ihr Trainer die rechte gepolsterte Hand hochhebt, schlägt sie mit voller Wucht hinein und hebt mit ihren 1, 31 Metern leicht mit beiden Beinen vom Boden ab.
"Sie wiegt ja nur 26 Kilo, aber es fühlt sich an, als hätte sie 45. Sie hat hammerharte Schläge. So etwas habe ich hier noch nicht erlebt." Enrico Bulla, Kickbox-Trainer
Schon vier Mal norddeutsche Meisterin
Hinzu kommt ihre mutige Art zu kämpfen. Das hat bei ihrem bislang letzten Turnier in Lübeck mächtig Eindruck bei den Organisatoren hinterlassen. Im März wurde sie in ihrer Altersklasse norddeutsche Meisterin. "Yuna hat ein großes Kämpferherz. Die geht immer nach vorne. Auch in Bedrängnis", sagt ihr Trainer. "Selbst Nasenbluten kann sie nicht stoppen. Die geht ihren Weg und ist nicht aufzuhalten." Im kanadischen Calgary auch nicht? "Sie wird das packen, da bin ich felsenfest von überzeugt."
Talent wurde vor eineinhalb Jahren entdeckt
Yuna sei ein Ausnahmetalent, sagt ihr Trainer. Vor eineinhalb Jahren fing sie mit dem Kickboxen an. Eher zufällig. Eigentlich wollte sie nur bei ihrem Bruder zuschauen. Doch dann sollten die Eltern sie auch anmelden. Yuna war total angefixt, erinnert sich ihre Mutter. "Der Trainer hat sofort ihr Talent erkannt." Der war fasziniert von ihren Bewegungen, ihrer Koordination. "Das liegt in der Familie, ihr Bruder ist nämlich auch nicht ohne", lacht Bulla.
Yuna hat ihre Sportart gefunden. "Es macht mir Spaß. Ich weiß, wie ich mich selbst verteidigen kann und ich mag es, zu kämpfen und anderen eine reinzuhauen", sagt sie und grinst etwas schüchtern. Harte, schnelle Schläge, immer mutig und offensiv und: Noch war sie nicht zu schlagen. Yuna Elias hat noch keinen Kampf verloren. Ihre Gegnerinnen gingen entweder k.o. oder gaben auf. Reicht all das für den WM-Titel?
Mit Extra-Schichten zum Titel
Bulla und sein Team wollen nichts unversucht lassen. Für die Mission Weltmeister-Titel hat ihr Trainer das Pensum erhöht. Seit vier Wochen trainiert er die Elfjährige drei Mal die Woche, statt wie vorher zwei Mal. Und: Er schickt sie zu Extra-Schichten. Denn Enrico Bulla hat eine Boxerin engagiert. Polina Mishchenko ergänzt das Trainerteam. Sie wurde bereits Europameisterin. Bulla hat die angehende Sprachstudentin zufällig kennen gelernt und sofort in seinen Kickbox-Stall nach Brunsbüttel geholt.
Die schlanke, großgewachsene Athletin ist seit einem Jahr in Deutschland. "Die Technik ist ganz entscheidend. Die möchte ich Yuna beibringen", sagt Mishchenko. Boxer, so erklärt es Trainer Bulla, sind Kickboxern in der Regel beim reinen Boxen überlegen. "Die haben eine ganz andere Beinarbeit und bringen mehr Kraft in ihre Schläge, das wollen wir Yuna noch mitgeben."
Trainer warf WM-Einladung in den Müll
Fast hätte es mit Yunas WM-Teilnahme nicht geklappt. Enrico Bulla hatte das Schreiben mit der Einladung der World Karate and Kickbox Union (WKU) in den Müll geworfen. "Ich hatte das ehrlicherweise nicht ernst genommen. Denn über diesen Verband hatte ich mich im März noch beschwert." Grund waren einige Entscheidungen der Kampfrichter beim Turnier in Lübeck.
"Ich bekam auf meine Beschwerden keine Antwort. Aber dann eine Einladung zur WM?" Zum Glück hatte der Verband noch mal angerufen und nachgehakt. "Niemand konnte das glauben", berichtet Yunas Mutter Nathalie. "Doch dann wuchs die Aufregung. Vor allem bei mir. Ich weinte vor Aufregung, aber auch vor Glück." Yuna, erzählt sie, könne vor Nervosität nicht mehr richtig schlafen.
"Ich bin total aufgeregt, so eine Chance gibt es ja nicht so oft im Leben." Yuna Elias, Kickboxerin
Eltern sammeln 1.400 Euro Spenden ein
Yuna fliegt nicht nach Kanada, um mal zu gucken, wie sie da so mithalten kann. "Die will Weltmeisterin werden, das hat sie von Anfang an gesagt", sagt ihr Vater Rainer. Der IT-Experte begleitet seine Tochter. Knapp 5.000 Euro kosten Reise und Hotel. Deshalb hatte er bei der Plattform Go-Fund-Me einen Spendenaufruf gestartet. 1.400 Euro kamen zusammen.
Die Kämpfe starten am Dienstag. Im K.-o.-System. Alles oder nichts. In Yunas Gewichtsklasse bis 35 Kilogramm geht ein Kampf über eine Runde. Dauer: drei Minuten. Yuna geht selbstbewusst in ihren ersten WM-Kampf. Aber auch mit Respekt: "Wie weit ich komme, das hängt ja auch vom Gegner ab. Wie die Gegner so sind. Ob die eher größer sind oder ein bisschen mehr Gewicht haben."
Trainer: "Du rockst das"
Zweifel will ihr Trainer Enrico Bulla erst gar nicht aufkommen lassen. Nach dem Training sitzt er mit Yuna zusammen und schaut ihr in die Augen. "Du wirst das auf jeden Fall rocken. Yuna wird Weltmeisterin in Calgary. Ganz ganz sicher. Glaubst Du es jetzt auch?", fragt er. "Ja!" Yuna hat noch nie verloren. Und das soll sich auch in Kanada nicht ändern.