Drohbriefe in SH aufgetaucht: Absender nennt sich "Sturmfront"
Der Itzehoer Propst Steffen Paar hat einen anonymen Drohbrief bekommen. Der Absender ist eine angebliche "Sturmfront Schleswig-Holstein". Das Schreiben haben auch Politiker und der NDR erhalten. Fake oder echt? Die Polizei ist eingeschaltet.
Steffen Paars Ehemann, Christoph Paar, hat den Brief über soziale Medien öffentlich gemacht. Er wurde mittlerweile tausendfach geteilt und hundertfach kommentiert. In dem Brief geht es unter anderem um Steffen Paars Homosexualität und auch um seine Stellungnahmen zu den Themen Klimawandel und Migration. Sätze wie "Wir werden des Volkes Stimme Gehör verschaffen und die Kirche in ihre Schranken weisen" und "Denken Sie immer daran, wir wissen wo Sie wohnen und kennen Ihren Partner" sollen dem Vertreter der evangelischen Nordkirche offenbar Angst einjagen.
Polizei und Verfassungsschutz eingeschaltet
Der Propst will sich aber nicht einschüchtern lassen. Auch wenn der Absender davor gewarnt hatte, Polizei und Verfassungsschutz einzuschalten, hat er nach eigenen Angaben genau dies gemacht. "Mein Mann und ich sind achtsam. Angst haben wir keine." Steffen Paar sagte weiter an die Verfasser des Textes gerichtet: "Eure Forderungen berühren und verändern mich nicht. Das, was ihr hier in dem Brief schreibt, ist nicht Teil einer Lösung, sondern des Problems."
Der Drohbrief, den NDR Schleswig-Holstein erhalten hat, ähnelt in weiten Teilen dem Brief an den Propst. Der NDR hat Anzeige erstattet, genau wie die Nordkirche.
Auch Politikerinnen und Politiker betroffen
Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein haben auch die schleswig-holsteinischen Fraktionsvorsitzenden von SPD, Serpil Midyatli, und Grünen, Lasse Petersdotter, solche Drohbriefe erhalten. Beiden haben nach eigenen Angaben sofort Anzeige erstattet. Jetzt sei es Aufgabe der Ermittlungsbehörden, dem nachzugehen, so Midyatli. Sie lasse sich jedenfalls nicht einschüchtern und auch Petersdotter erklärte: "Grundsätzlich war mein Umgang mit Drohungen aus der rechten Szene immer gleich und dabei bleibe ich auch heute: Ich lasse mich nicht einschüchtern."
AfD distanziert sich vom Drohbrief
Der Absender bezeichnet sich als "Sturmfront Schleswig-Holstein - Patriotischer Untergrund der AfD und Bauernschaft". Zu sehen sind im Briefkopf das Logo der AfD und auch das der Landvolkbewegung. Allerdings ist deutlich sichtbar, dass die Logos reinkopiert wurden. Die AfD selbst distanziert sich von dem Drohbrief. Der stellvertretende Landesvorsitzende der AfD, Julian Flak, sagte, die Bundespartei habe am Dienstag direkt nach Bekanntwerden den Propst angeschrieben und klargestellt, dass - so wörtlich - "dieses Schreiben unter Verwendung unseres Logos selbstverständlich ohne unser Wissen und unsere Zustimmung verwendet wurde und wir mit dem vermeintlichen Absender rein gar nichts zu tun haben."
Auch Bauernverband beschäftigt sich mit dem Schreiben
Da auch die Bauern angesprochen sind, hat auch der Bauernverband Schleswig-Holstein reagiert. Sprecherin Maike Schwerdtfeger äußerte sich ebenfalls schriftlich bei NDR Schleswig-Holstein: "Der Bauernverband Schleswig-Holstein distanziert sich ganz klar von derartigen Handlungsweisen und ebenso von der Verwendung der Landvolk-Symbolik der 1920er-Jahre." Das Problem sei, dass viele nicht genau wissen würden, dass der Bauernverband und die Gruppierung Landvolk rein gar nichts miteinander zu tun hätten. NDR Schleswig-Holstein hat auch mit einem Landwirt gesprochen, der sich in der Vergangenheit für die Landvolkbewegung engagiert hat. Auch er distanzierte sich vom Schreiben. Er sagte, er hoffe, dass die Behörden den oder die Absender ermitteln können.
Sütterlin-Waack: Arbeiten mit hoher Priorität am Drohschreiben
Die bekannt gewordenen Drohschreiben werden nach Angaben des Innenministeriums durch die Staatsschutzdienststellen der Landespolizei bearbeitet. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) sagte: "Derartig drastische Bedrohungen verabscheue ich! Wir bearbeiten die Drohschreiben mit hoher Priorität und Sensibilität."
Eine Gruppierung namens "Sturmfront Schleswig-Holstein" war der Verfassungsschutzbehörde Schleswig-Holstein bislang nicht bekannt. Man habe dort unmittelbar nach Bekanntwerden der Drohbriefe eigene nachrichtendienstliche Maßnahmen zur Aufklärung ergriffen, hieß es.
LKA: Jedes Schreiben zur Anzeige bringen
Die Sprecherin des Landeskriminalamtes, Carola Jeschke, machte deutlich, wie man sich verhalten soll, falls solch ein Drohschreiben im Briefkasten landet: "Bitte jedes Schreiben zur Anzeige bringen und spurenschonend an die Polizei übergeben. Anzeige kann bei jeder Polizeidienststelle erstattet werden. Die Polizei unterstützt und berät Betroffene in Sicherheitsangelegenheiten."
Diskussion im Netz: "Echt" oder "Fake"
Viele Menschen diskutieren darüber, ob der Drohbrief "Echt" oder "Fake" ist, um Stimmung im Wahlkampf zu machen. Die professionelle Schreibweise ist für viele Kommentatoren in den sozialen Netzwerken ein Hinweis dafür, dass es sich um eine bewusste Inszenierung handeln könnte. Darüber hinaus gibt es diejenigen, die die AfD für verantwortlich halten. Andere wiederum sagen, es sei ein inszenierter Versuch, der AfD zu schaden. Und es gibt auch Stimmen wie diese hier: "Egal, ob echt oder fake - es ist einfach nur widerlich."
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