Busfahrer aus Kenia übernehmen (bald) das Steuer in Flensburg
Das städtische Verkehrsunternehmen Aktiv Bus muss in den kommenden zehn Jahren 80 Beschäftigte ersetzen. Fünf kenianische Busfahrerinnen und Busfahrer sind im September in Flensburg angekommen.
Ein kleiner Raum im Hauptgebäude neben dem Busdepot in Flensburg: Die kenianischen Fachkräfte konjugieren deutsche Verben. Sie sind in zwei Gruppen aufgeteilt - abhängig vom Sprachniveau. Jeden Tag übt der betriebseigene Deutschlehrer eineinhalb Stunden mit ihnen. "Anfangs hatte ich wirklich Angst, Deutsch zu sprechen und vielleicht die falschen Worte zu sagen. Wenn die Leute mich nicht auf Anhieb verstehen und nachfragen. Aber mittlerweile ist die Angst weg. Ich mache zwar immer noch Fehler, aber ich werde beim Sprechen immer sicherer", gesteht Busfahrerin Cecilia Ogogo.
Kenianischer Führerschein wird in Deutschland nicht anerkannt
Sie hat schon in Kenia als Busfahrerin gearbeitet und damit ausreichend Erfahrung. Das geht auch den anderen so. Einige waren als Lkw-Fahrer eingesetzt, andere haben Kleinbusse gelenkt. In Kenia herrscht Linksverkehr. Sie alle eint: Ihr Führerschein wird hier in Deutschland nicht anerkannt. Deshalb müssen sie erst einen neuen Führerschein und eine Zusatzausbildung zum Busfahrer machen. Das bedeutet: täglich vier Stunden Fahrschultheorie.
Pilotprojekt noch vor Unterzeichnung des Migrationsabkommens
Im September sind die fünf Kenianerinnen und Kenianer in Flensburg angekommen. Rekrutiert wurden sie von einer Kieler Agentur, die sich in Afrika darauf spezialisiert hat. Empfangen wurde sie am 10. September unter anderem von Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) und der kenianischen Botschafterin. Wenige Tage später haben Deutschland und Kenia ein Migrationsabkommen unterzeichnet. Die fünf Busfahrer und ihr Chef durften live in Berlin dabei sein.
Die Kenianerinnen und Kenianer freuen sich Teil des Pilotprojekts zu sein. Mehr als 6.000 Kilometer entfernt in ihrer Heimat seien die beruflichen Perspektiven schlecht. "Einen Job zu finden ist in Kenia wirklich schwer. Wir haben aktuell viele junge ausgebildete Menschen, die arbeitslos sind. Und wenn man dann einen Job gefunden hat, ist es für die Firmen leicht, dich zu feuern. Die Arbeitslosenquote ist alarmierend hoch", berichtet Wheaton Matiku.
WG-Leben zwischen Maismehl und Glühwein
In Flensburg leben die zwei Frauen und drei Männer in zwei Wohngemeinschaften. Die Miete zahlen sie von ihrem Gehalt. Das liegt zurzeit bei 2.700 Euro. Ihre Lebensmittel kaufen sie vorwiegend in einem türkischen Supermarkt ein: Gemüse, Fleisch, Kidneybohnen und besonders Maismehl. Damit kochen sie täglich. Das norddeutsche Wetter - gewöhnungsbedürftig für die sonnenverwöhnten Kenianer im Alter zwischen 28 und 45 Jahren.
Bei Glühwein und Bratwurst auf dem Flensburger Weihnachtsmarkt am Südermarkt sind sie dagegen schon auf den Geschmack gekommen. Zurück in die WG geht es mit dem Bus. Noch fahren sie als Fahrgäste mit. Im kommenden Jahr wollen die fünf kenianischen Fachkräfte selbst am Steuer der Linienbusse sitzen. Ende Februar steht ihre erste Prüfung an.