Aus Dakar und Büsum nach Helgoland: Zwei Fischer, ein Problem
Es muss schon ein wichtiges Thema sein, wenn eine Delegation aus neun Senegalesinnen und Senegalesen nach Helgoland reist, unter ihnen zwei Mitarbeiterinnen aus dem Fischerei- und Umweltministerium in Dakar und zwei Fischer. Auch ein Fischer aus Büsum ist dabei. Sie kamen auf Einladung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) auf die Insel - um dort eine neue Messmethode kennen zu lernen, die wichtige Daten im Bezug auf den Klimawandel liefern soll.
Mamadou Sarr ist 63 Jahre alt und im Senegal geboren. Er ist Fischer, fährt nahezu täglich mit seinem kleinen Boot raus auf den Atlantik vor Dakar - und kommt allzu oft ohne Fang zurück. Der Grund: Die Meeresoberfläche wird durch den Klimawandel immer wärmer, doch die Fischschwärme halten sich eher im kühlen Wasser auf. Und diese kühlen Wasserschichten befinden sich immer weiter unten.
Deshalb hat das AWI mit Unterstützung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) einen kleinen, kostengünstigen Sensor entwickelt, mit dem unter anderem Wassertemperatur, Strömung und der Salzgehalt des Wassers gemessen werden. Die Idee dahinter: Die Handhabung dieses Sensors ist so einfach, dass dieser auch von Nicht-Wissenschaftlern zehn Meter unter Wasser gelassen werden kann - von Menschen wie Mamadou Sarr. Er wird künftig bei der täglichen Fahrt hinaus aufs Meer den Sensor mit an Bord nehmen und während seiner Arbeit Daten sammeln.
Test vor Helgoland
Deshalb gehen am Donnerstagmittag zwei Fischer und ein Wissenschaftler vom Helgoländer Hafen aus an Bord der Aade, einem Forschungsschiff des AWI. Ibrahima Camara als Projektkoordinator sowie die Fischer Mamadou Sarr und Stephan Frentz. Der Senegalese Ibrahima Camara hat die Idee für den Sensor gemeinsam mit dem AWI entwickelt. Der Sensor hat die Form eines Kugelschreibers und ist nur unwesentlich größer. Während sich das Schiff langsam in Richtung Düne bewegt, befestigt Ibrahima Camara den Sensor an einem langen Seil, verknotet es und gibt es an Fischer Mamadou Sarr weiter. Das Schiff hält an und Ibrahima Camara weist den Fischer an, den Sensor nun langsam zu Wasser zu lassen. Nach wenigen Sekunden ist vom Sensor nichts mehr zu sehen. Nach einer Minute zieht Mamadou Sarr den Sensor langsam wieder heraus.
Einfache Handhabung ist wichtig
Vor allem im Bereich des globalen Süden liegen in einigen wissenschaftlichen Disziplinen deutlich weniger Daten vor als beispielsweise im Bereich der deutschen Nordseeküste. Deshalb sollen weitere Sensoren unter anderem nach Tunesien gehen. Aber auch hier vor Ort sollen mit Hilfe des neuen Sensors Daten gesammelt werden.
Dafür ist Stefan Frentz da. Er ist 26 Jahre lang zur See gefahren. Vor Büsum hat er nach Krabben gefischt. Gelohnt hat sich die Arbeit zu lange nicht. Denn Krabben kann er nur in dunklem Wasser fangen, also entweder in trübem Wasser oder nachts. Doch die Sommernächte sind kurz und trübes Wasser gibt es auch nur noch selten. Er sagt: "Die Zeiten für die Fischer werden nicht besser. Aber wie man sieht, ist das überall auf der ganzen Welt so." Weil es sich nicht mehr rentiert, hat er den Job vor Kurzem an den Nagel hängen müssen. Aber auch er wird künftig vor Büsum unterwegs sein, um Daten für das AWI mit Hilfe des neuen Sensors zu sammeln.
Direkter Nutzen für Fischer
Mit Hilfe der gesammelten Daten soll künftig eine Art Vorhersage-App für die Fischer erstellt werden - so dass Mamadou Sarr vor der Ausfahrt bereits weiß, ob sich die Arbeit an diesem Tag für ihn überhaupt lohnen wird. Für beide Fischer ist es spannend, von den unterschiedlichen Arbeitsweisen zu erfahren. Das zeigt sich, als ein Krabbenkutter am Forschungsschiff Aade vorbeifährt. Für Stephan Frentz ist das eher ein kleines Schiff. Für Mamadou Sarr allerdings ist der Krabbenkutter riesig. Schiffe dieser Größe seien im Senegal selten unter den Fischern, sagt er. Neben den Daten ist das auch ein wichtiges Projektziel: persönliche Austauschmöglichkeiten bieten, Interesse an der Arbeits- und Lebensrealität der anderen schaffen. Und zeigen, dass Wissenschaft verbinden kann.