Angespannte Atmosphäre bei Prozessauftakt gegen Heider Jugendgang
Vor dem Amtsgericht Meldorf hat am Dienstag der Prozess gegen eine Jugendgang aus Heide begonnen. Sie soll laut Staatsanwaltschaft seit Januar mehrere Raubüberfälle auf andere Jugendliche am Heider Bahnhof begangen und ihre Opfer dabei teilweise schwer verletzt haben.
Angeklagt sind vier Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren, darunter ein Mädchen, und ein junger Mann über 18 Jahre. Zur Heider Jugendgang gehören laut Polizei auch einige Jugendliche aus Nordfriesland. Am Dienstag begann in Meldorf (Kreis Dithmarschen) die Gerichtsverhandlung. Die Staatsanwaltschaft wirft den Jugendlichen gefährliche Körperverletzung, schweren Raub und schwere räuberische Erpressung in mehreren Fällen vor. Die Überfälle am Heider Bahnhof hatten Anfang des Jahres bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.
Strenge Kontrollen und Sicherheitsvorkehrungen im Gericht
Strenge Besucherkontrollen, hohe Sicherheitsvorkehrungen und eine angespannte Atmosphäre im sonst eher ruhigen Amtsgericht Meldorf. Die Besucherplätze in Saal 1 waren bis auf den letzten Platz besetzt, offenbar von den Angehörigen. Vier der fünf Beschuldigten wurden in Handschellen und von insgesamt acht Justizbeamten in den größten Saal des Amtsgerichtes geführt. Sie waren zuvor von einem Kleinbus aus der U-Haft in der Jugendanstalt Schleswig nach Meldorf gebracht worden. Lediglich eine 14-jährige Beschuldigte war schon anwesend, sie war bereits vor einigen Tagen aus der U-Haft entlassen worden. Sie wurde von ihrer Mutter zum Gericht begleitet. Alle Beschuldigten wurden vor Gericht von einem Rechtsanwalt beziehungsweise einer Rechtsanwältin begleitet.
Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt
Nachdem die fünf Beschuldigten in den Saal geführt worden waren, begann die Hauptverhandlung. Das Gericht - bestehend aus einem Vorsitzenden Richter und zwei Schöffen - gab dann eine Entscheidung bekannt. Weil vier der fünf Beschuldigten des Gerichtsverfahrens noch unter 18 Jahre alt sind, müsse man das Jugendstrafrecht anwenden und die Öffentlichkeit für den Rest der Hauptverhandlung ausschließen, so der Vorsitzende Richter Dr. Knut Hansen-Notbaar. Dies geschehe zum Schutz der Angeklagten, eben weil vier der fünf Angeklagten minderjährig seien.
Jugendstrafrecht mit erzieherischem Gedanken
Das Jugendstrafrecht unterscheide sich wesentlich vom Erwachsenen-Strafrecht, sagte Gerichtssprecherin Dr. Frederike Milhoffer. Beim Jugendstrafrecht stehe der erzieherische Gedanke im Vordergrund. Intensiv-Pädagoge Prof. Menno Baumann von der FH Düsseldorf ergänzt: "Der Erziehungsgedanke setzt ja da an, was muss ich tun, damit es bei dem Jugendlichen möglichst nicht zu weiteren Straftaten kommt. Welche Möglichkeiten gibt es auf die Erziehungs- und die Lebenssituation von Jugendlichen einzuwirken?" In einer Justizvollzugsanstalt lerne man nicht, weniger Straftaten zu begehen, so Baumann. Das Ableisten von Sozialstunden zum Beispiel in einem Seniorenheim sei eher eine erzieherische Maßnahme, wo man lerne, etwas für die Gesellschaft zu tun. Manchmal würden in einem Jugendstrafverfahren auch Sozialstunden mit einer bestimmten Dauer von Jugendarrest kombiniert. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die bloße Wirkung von Haftstrafen auf Jugendliche aber eher gering sei, so der Intensiv-Pädagoge.
Heides Bürgermeister Schmidt-Gutzat spricht von Signalwirkung
Die Taten sollen die Mitglieder der Gruppe in unterschiedlicher Zusammensetzung verübt haben. Im März hatte die Staatsanwaltschaft erste Ermittlungsverfahren eingeleitet, die vier Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren kamen in Untersuchungshaft. Heides Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat (SPD) begrüßte im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein den Beginn der Gerichtsbehandlung, besonders das "beschleunigte Verfahren". Damit könne man eine Signalwirkung bei den Jugendlichen erzielen. Er habe das "beschleiunigte Verfahren" im übrigen schon vor zwei Jahren von den Justiz-Behörden gefordert, so Schmidt-Gutzat.
Fortsetzung in der kommenden Woche
Die Verhandlung gegen die fünf Beschuldigten wird laut einer Gerichtssprecherin am kommenden Dienstag fortgesetzt - auch dann wie beim Prozessauftakt unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Für die Verhandlung vor dem Amtsgericht Meldorf sind insgesamt fünf weitere Verhandlungstermine angesetzt, bis zum 23.Juli. Dann könnte ein Urteil fallen.
Weniger Randale am Heider Bahnhof
Am Heider Bahnhof ist es laut Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat seit einigen Wochen deutlich ruhiger geworden. Ein Grund könnte sein, daß zwischenzeitlich einige der Tatverdächtigen in U-Haft genommen wurden. Möglicherweise seien einige aus der Gruppe auch auf andere Städte ausgewichen. Ein Grund für die derzeit beruhigte Lage sei aber auch, daß Polizei und Bundespolizei regelmäßig vor Ort seien und Kontrollen am und vor dem Bahnhof durchführen würden. Für das entschlossene Handeln sei er den Beamten sehr dankbar, so Heides Bürgermeister.