Amazon: Falsche Ware im Paket - Verbraucherzentrale warnt vor Betrug

Stand: 16.12.2024 16:44 Uhr

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein warnt vor einer sich offenbar verbreitenden Betrugsmasche bei Amazon-Käufen: Die Opfer erhalten statt der bestellten Ware etwas völlig anderes.

von Natalie Beck

Als es bei Linde Schalla an der Tür klingelt, denkt sie: Perfekt, dass der Amazon-Paketbote genau jetzt kommt. Gerade ist ihr Enkel zu Besuch. Er soll ihr helfen, das neue Handy einzurichten. Doch als sie das Paket öffnet, traut sie zunächst ihren Augen nicht: Statt des neuen Handys liegen dort zwei Flaschen Insektenschutzmittel.

Insektenschutzmittel statt iPhone

Eine ältere Dame blickt auf ein Tablet. © NDR Foto: Natalie Beck
Linde Schalla wendet sich wochenlang immer wieder an den Amazon-Kundenservice.

"Ich war wirklich völlig fassungslos", erklärt die 79-Jährige aus Dänisch-Nienhof (Kreis Rendsburg-Eckernförde). "Mein Enkel sagte: 'Keine Sorge, wir rufen sofort den Support an.'" Der Kundenservice rät ihr, den Lieferfahrer, der ihr Grundstück noch nicht verlassen hatte, abzufangen und ihm das falsche Paket wieder mitzugeben. Damit, dachte Linde Schalla, sei alles geklärt. Doch Amazon erstattete ihr die rund 800 Euro wochenlang nicht zurück.

Trotz Fehllieferung: Amazon will zunächst weiter Geld

Aus Angst, das Geld für das niemals erhaltene Produkt nicht wiederzubekommen, bucht sie das bezahlte Geld etwa einen Monat nach der Falschlieferung selbst wieder auf ihr Konto zurück. Bei Zahlungen per Lastschrift ist das acht Wochen lang ohne Angabe von Gründen möglich.

"Von da an kriegte ich Mahnungen, Mahnungen, Mahnungen. Dann ging ich zur Verbraucherzentrale." Linde Schalla, Betrugsopfer

Katrin Reinhardt von der Verbraucherzentrale erreichten in den vergangenen Wochen und Monaten vermehrt Fälle wie der von Linde Schalla. "Sie berichten zum einen, dass überhaupt so eine Falschlieferung passiert ist und zum anderen auch, dass die Abwicklung dieses Problems mit Amazon teilweise sehr herausfordernd ist", erklärt Reinhardt.

Die Juristin sieht die Verantwortung klar bei Amazon: Die sogenannte Versendungsgefahr liegt bis zur Ankunft der Ware beim Versender. Amazon ist also bis zur Ankunft beim Käufer dafür verantwortlich, was mit dem Paket und dem Inhalt passiert. 

So funktioniert die Masche

Offenbar nutzen die Betrüger Zugänge über Amazonboten oder ausliefernde Subunternehmen, um irgendwo entlang der Lieferkette an die Pakete heranzukommen. Wertvolle Elektronikartikel sind oft von außen an der aufgeklebten Gefahrgutkennzeichnung für Lithium-Batterien erkennbar. Wie genau der Umtausch der Ware stattfindet, kann auch Katrin Reinhardt von der Verbraucherzentrale nur mutmaßen: "Es ist wohl so, dass das irgendwo auf dem Weg zwischen dem Amazon-Lager und dem Kunden passiert, bei dem es ankommen soll. In der Lieferantenkette kommt es dazu, dass Pakete geöffnet und Produkte ausgetauscht werden. Genau wissen wir es leider auch nicht, sonst hätte man da sicherlich mehr gegen tun können."

Bekannte Details zu dem Vorgehen der Betrüger will Amazon nicht öffentlich machen. Laut einer Amazon-Sprecherin nehme der Konzern diese Fälle sehr ernst und habe bereits zusätzliche Kontrollen in die Lieferkette eingeführt, um betrügerische Maschen zu erschweren.

Was die Verbraucherzentrale Betrugsopfern rät

Katrin Reinhardt, Juristin bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein © NDR Foto: Natalie Beck
Katrin Reinhardt von der Verbraucherzentrale empfiehlt, Beweise zu sammeln.

Laut Verbraucherschutz Schleswig-Holstein ist der beste Schutz vor der Betrugsmasche, die Falschlieferung zu dokumentieren. Um hinterher zu beweisen, dass man das Produkt nicht selbst ausgetauscht hat, könne man zum Beispiel das Öffnen des Pakets mitfilmen. "Es ist allerdings auch ein ziemlicher Anspruch an den Verbraucher, jedes Mal, wenn man ein Paket erhält, am besten eine Kamera mitlaufen zu lassen", räumt Verbraucherschützerin Katrin Reinhardt ein.

Mit dem Druck der Verbraucherzentrale konnte Linde Schalla ihr Recht nach mehreren Monaten durchfechten. Das Handy kaufte sie schließlich im Laden, nicht über den Online-Versand. Ganz auf Online-Bestellungen zu verzichten, ist für sie aber keine Option: "Ich wohne ein bisschen weiter draußen. Jedes Mal in die Stadt zu fahren, um mir irgendwas zu holen, das dann nicht vorrätig ist, das dauert mir zu lange. Bei größeren Anschaffungen würde ich jetzt aber darüber nachdenken, ob ich sie nicht lieber in einem Laden kaufe."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 13.12.2024 | 19:30 Uhr

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