Aufstand gegen Straßenstrich in Schleswig-Holstein
Eigentlich ist die B 206 nur eine Bundesstraße, über die viele Fahrer ihren Weg von Dänemark Richtung Ostdeutschland abkürzen wollen. Aber seit einiger Zeit passiert am Wegesrand noch mehr, die B 206 wurde zum einzigen Straßenstrich in Schleswig-Holstein. Und das verursacht Unruhe in den umliegenden Dörfern.
Eine Bürgerinititative wurde gegründet. "Diesen öffentlichen Sex wollen wir hier nicht. Dafür gibt’s Bordelle", schimpft beispielsweise Doris Laß, die sich in der Bürgerinitiative Bockhorn engagiert. Obwohl die Bürgerinitiative mittlerweile nur noch aus ein paar Leuten besteht, sorgt sie seit Wochen für viel Wirbel. Sie fühlt sich bedroht, klagt über Müll und Schmutz.
Standplätze außer Sichtweite
Dass die Standplätze der Prostituierten außer Sichtweite der Dorfbewohner liegen, an Rastplätzen der B 206 im Wald, spielt für die Bürgerinitiative kaum eine Rolle. Ebenso wenig, dass Prostitution in Deutschland legal ist. Und mit den Frauen selbst will keiner sprechen.
Tut man das jedoch, zeigt sich ein anderes Bild. Auf unsere Fragen reagieren sie offen, sagen, sie wollen einfach nur in Ruhe ihre Arbeit machen können. Aber bisher wird nur über sie gesprochen. "Ich finde es nachvollziehbar, dass Prostitution Ambivalenzen auslöst", sagt Claudia Rabe von der Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein. "Was ich aber nicht verstehe, ist, warum mit den Frauen nicht vernünftig gesprochen wird. Wenn es da Vorbehalte gibt, dann kann man auch mit den Sexarbeiterinnen direkt ins Gespräch gehen und sagen: 'Könnt Ihr nicht ein bisschen weiter rausgehen an der Straße und darauf achten, dass Ihr Euren Müll mitnehmt'. Das sind doch Menschen."
Sondergenehmigung für die Rastplatznutzung
Die Mitglieder der Bürgerinitiative sagen denn auch, dass sie eine Lösung für die Frauen wollten - nur eben nicht in ihrer Nähe. Auf ihren Druck hin hat die Landesverkehrsbehörde einen Kniff gefunden: Weil die Frauen für die Nutzung des Rastplatzes an der Bundesstraße für ihr Gewerbe eine Sondergenehmigung bräuchten, haben die Behörden schon Bußgelder verteilt. Immer wieder kontrolliert die Polizei. Straftaten konnte sie jedoch bisher nicht feststellen. Dennoch ist die Bürgerinitiative nicht zufrieden.
Mittlerweile befasst sich sogar die Landesregierung mit dem Straßenstrich. "Wenn sie die Proteste der Gemeinden angucken, ist das ein vielschichtiges Problem und bedarf auch einer vielschichtigen Lösung", sagt der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Frank Nägele. Einen konkreten Vorschlag dazu hat er noch nicht. Die Bürgerinitiative macht indessen weiter, bereitet gerade eine Petition für den Landtag vor.