Wie Krankenhäuser kooperieren, statt sich Konkurrenz zu machen
Doppelstrukturen abbauen, Synergien schaffen - das ist das Ziel der Osnabrücker Oberbürgermeisterin. Auch eine Krankenhausfusion sei kein Tabu. In der Geburtshilfe klappt die Zusammenarbeit schon.
In Osnabrück gibt es zwei große Krankenhäuser. Mitten in der Innenstadt das Marienhospital. Es gehört einem katholischen Träger, den Niels-Stensen-Kliniken. Und im Westen der Stadt steht das kommunale Klinikum Osnabrück. Auch da sind die Sirenen der Krankenwagen oft zu hören. Extrem kleine Frühchen, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren werden, kommen aber nur noch im Marienhospital zur Welt. Das war früher anders. Doch seit Herbst 2022 kooperieren die beiden Krankenhäuser. Inzwischen hat sich das als Dauerlösung etabliert, die Schule machen soll.
Fachkräfte teilen, statt um sie zu buhlen
Der Grund für diese Zusammenarbeit: Es gibt zu wenig Neonatologen, also Fachärztinnen und -ärzte für Frühgeborene. Bei Risikoschwangerschaften muss ein Krankenhaus die aber rund um die Uhr vorhalten. Statt um die wenigen, teuren Fachkräfte zu konkurrieren, teilt man sie sich in Osnabrück jetzt. Die Frühchenexperten sind am Marienhospital angedockt. Und dort hat Dr. Yves Garnier, der Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Osnabrück, volles Mitbenutzungsrecht. Einmal pro Woche kommt er ins Marienhospital und arbeitet da zusammen mit Chefarzt Dr. Götz Menke. Am Anfang war das eine "Umstellung" und es brauchte ein paar Fortbildungen mit den Mitarbeitenden, aber nun sagt Garnier: "Ich glaube, wir haben mit dieser Kooperation das Beste für die Region geschaffen."
Mehr Kooperationen sollen folgen
Immerhin stand auch die Gefahr im Raum, dass Osnabrück den Level-1 Status als Perinatalzentrum verlieren würde. Das ist die höchste Versorgungsstufe, aber um die zu erreichen, braucht es eine Mindestzahl an Behandlungen. "Diese Mindestmenge können wir an zwei Standorten bei unserem Einzugsgebiet nicht mehr erreichen, allein deshalb bin ich froh, dass wir uns zusammen geschlossen haben", sagt Götz Menke. Er empfindet die Zusammenarbeit mit seinem Kollegen als Bereicherung.
Oberbürgermeisterin lässt Frage nach Fusion offen
Aus Sicht der Osnabrücker Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) ist diese Kooperation "absolut beispielhaft". Beiden großen Krankenhäusern gehe es finanziell so schlecht, dass sie Gespräche über mehr Zusammenarbeit beider Häuser begonnen hat: "Wir müssen uns ergänzen und da darf auch eine mögliche Fusion kein grundsätzliches Tabu sein. Ob es dazu nachher kommt, ist offen. Wichtig ist, dass wir jetzt den Weg aufeinander zugemacht haben und über weitere Kooperationen sprechen."
Zusammenarbeit großer Kliniken ist außergewöhnlich
Dass sich kleine Krankenhäuser auf dem Land zusammentun, ist inzwischen vielerorts üblich. Die beiden Krankenhäuser in Osnabrück sind mit je rund 600 beziehungsweise 700 Betten aber vergleichsweise groß. Der Niedersächsische Städtetag und auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) Niedersachsen begrüßen die Zusammenarbeit. Lange schien das nicht möglich, aber die Vorteile für Patientinnen und Patienten lägen auf der Hand. "Vor allem wenn es darum geht, Fachkräfte zu gewinnen, auszubilden und zu halten ist es besser, zusammenzuarbeiten als sich Konkurrenz zu machen", sagt die vdek-Krankenhausexpertin Dorothea Jahns. "Eine Kooperation muss aber belastbar sein, also auch in Verträgen schriftlich festgehalten und von beiden Seiten gelebt werden."
Zusammenarbeit schriftlich festhalten
Bei der Kooperation in der Geburtshilfe von Klinikum und Marienhospital in Osnabrück gibt es solch einen schriftlichen Vertrag und nicht nur eine lose Absprache. Auch die neue Geschäftsführerin der Niels-Stensen-Kliniken, Christina Jaax, ist offen für weitere Kooperationen. Sie hält die Trägervielfalt zwar für "bereichernd", sagt aber auch, dass es für die Patienten und Mitarbeitenden zielführend sei, die Wettbewerbssituation sukzessive abzubauen.