Unternehmen testet Viertagewoche: Kompliziert, aber ein Erfolg
Um Fachkräfte zu gewinnen, hat eine Werbetechnik-Firma in Dissen 2023 die Viertagewoche eingeführt. Schnell wurde klar: So, wie anfangs gedacht, funktioniert es nicht. Trotzdem sind nun alle zufrieden.
Von Montag bis Donnerstag arbeiten und dann drei Tage frei für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dieses Modell haben Björn und Jasmin Ekruth in ihrer Werbetechnik-Firma in Dissen am Teutoburger Wald (Landkreis Osnabrück) Anfang vergangenen Jahres probeweise eingeführt. Nach Angaben der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim war die Firma damit das erste Handwerksunternehmen in der Region, das auf eine Viertagewoche setzte. Die Mitarbeiter sollten künftig 37 Stunden pro Woche arbeiten und weiterhin 40 Stunden bezahlt bekommen.
Freitags frei - für den Handwerksbetrieb doch keine Option
Auslöser für diesen Schritt war für Firmenchef Björn Ekruth vor allen Dingen eine Frage: Wie können wir in Zeiten des Fachkräftemangels unsere Mitarbeiter halten? Die Viertagewoche sollte ein Versuch sein. Doch bereits nach zwei Wochen war klar: "Wir können als Dienstleister den Freitag nicht einfach zu machen," sagt Ekruth. Denn die Kunden erwarten, dass ihre Aufträge auch am Freitag bearbeitet werden. Außerdem dürfen beispielsweise die minderjährigen Auszubildenen pro Tag nicht länger als acht Stunden arbeiten. Auch deshalb musste die Werkstatt der Werbetechnik-Firma am Freitag weiterhin geöffnet haben.
Von der Viertagewoche zum flexiblen Modell
Daraufhin habe es in der Firma viele Gespräche gegeben, erzählt Björn Ekruth rückblickend: "Heute ist es so, dass wir ein bisschen nach dem Prinzip Wünsch-dir-was arbeiten." Das bedeutet: Ein Großteil der Belegschaft hat sich für eine Viertagewoche entschieden. Einige Mitarbeiter arbeiten von montags bis donnerstags, andere von dienstags bis freitags. Ein Teil der Belegschaft ist zur ursprünglichen Fünftagewoche zurückgekehrt.
Viertagewoche im Test: Stundenlohn wurde angehoben
Auch die Bezahlung hat das Unternehmen angepasst. Ursprünglich sollten die Mitarbeitenden in der Viertagewoche 37 Stunden arbeiten und 40 Stunden bezahlt bekommen. Die drei geschenkten Stunden habe man jedoch zurückgenommen, erklärt Björn Ekruth: "Insgesamt war das mehr als eine Vollzeitstelle", sagt er, die die Firma zusätzlich bezahlt habe. Die Mitarbeiter bekommen stattdessen wieder die Stunden bezahlt, die sie tatsächlich arbeiten. Dafür wurden die Stundenlöhne angehoben.
Mitarbeiter schätzen bessere Work-Life-Balance
Lisa Reinhardt arbeitet in der Grafikabteilung des Unternehmens. Sie hat sich für das Viertagemodell entschieden und nun jeden Montag frei. "Es tut mir sehr gut, diesen Tag einfach zu haben", erklärt die 25-Jährige, "um Sachen zu erledigen, Freizeit zu haben, die Work-Life-Balance zu haben." Allerdings merkt sie auch, dass sie ihre Arbeitsabläufe genauer planen muss, weil ihr ein Arbeitstag pro Woche fehlt. Trotzdem hat sie das Gefühl, dass sie ihre Zeit nun besser nutzt - beruflich und privat.
Der Handwerksbetrieb ist mit dem flexiblen Arbeitszeitmodell zufrieden
Firmenchef Björn Ekruth und seine Frau ziehen nach etwas mehr als einem Jahr ein positives Fazit. Zwar sei die Organisation schwieriger geworden, beispielsweise bei der Urlaubsplanung, erklärt Jasmin Ekruth, aber die Vorteile überwiegen. So gebe es weniger Krankheitstage als vorher, die Firma bekommt mehr Bewerbungen von Fachkräften und kann sogar mehr Aufträge bearbeiten, weil sie jetzt am Freitag sogar länger geöffnet hat als früher. Doch am wichtigsten ist Björn Ekruth eines: "Ich genieße gerade den frischen Wind in unserem in unserer Werkstatt", sagt er, denn die Mitarbeiter seien zufriedener als früher.