Mordprozess Bramsche: Wie der Angeklagte die Tat erklärt
Im Prozess um die Tötung eines 16-Jährigen in Bramsche hat der 82-jährige Angeklagte zugegeben, auf den Jugendlichen geschossen zu haben. Laut Gutachten ist der Rentner psychisch krank und nur eingeschränkt schuldfähig.
"Ich stehe für das, was passiert ist, gerade. Aber ich bin daran nicht alleine schuld", sagte der 82-jährige Rentner aus Bramsche (Landkreis Osnabrück). Im Prozess räumte er ein, dass er seinen Nachbarn getötet hat. Zwischen dem Rentner und dem 16-Jährigen war es zuvor bereits zu Auseinandersetzungen gekommen. Am Morgen des 28. Februar schoss der 82-Jährige vor dem gemeinsamen Wohnhaus laut Staatsanwaltschaft mehrfach auf den Jugendlichen, der wenige Tage später starb. Auch sich selbst brachte der Angeklagte lebensgefährliche Schussverletzungen bei, die er jedoch überlebte. In der Aussage des Angeklagten erkennt Christoph Willinghöfer, Sprecher des Landgerichts Osnabrück, allerdings kein Geständnis. Denn der 82-Jährige stellt die Tat anders dar als die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage. Die wirft ihm Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vor.
Lange Vorgeschichte und ganz viel Lärm
Immer wieder geht es in diesem Fall um Lärm. Der 82-Jährige hört nach eigenen Angaben Motorengeräusche und vermutet, dass sie aus der Wohnung über ihm kommen - dort lebte der 16-jährige Junge mit seiner Mutter. Mehrfach ruft der Rentner deshalb die Polizei, die kann aber nie etwas feststellen. Auch die Mutter des Jungen versucht die Lärmquelle zu finden, fühlt sich am Ende durch die Anschuldigungen ihres Nachbarn bedroht und bittet sogar den sozialpsychiatrischen Dienst um Hilfe. Wegen des vermeintlichen Lärms trägt der alte Mann oft Ohrenstöpsel und Ohrenschoner vom Schießsport - beides habe aber gar nicht gegen den Lärm geholfen, sagt er dem Staatsanwalt.
Rentner fühlte sich von Schüler bedroht
Auch am Morgen kurz vor der Tat trägt er noch die Ohrenstöpsel. Wieder fühlt er sich von Lärm gestört und habe den Jungen gefragt, ob er ihn fertigmachen wolle. Das habe der Junge bejaht und in seinen Rucksack gegriffen. Daraufhin habe er Angst bekommen, so der 82-Jährige, sei in den Keller an seinen Waffenschrank gegangen und habe dort die Sportpistole mit den fünf Patronen herausgeholt. Er habe auf den Jungen geschossen, weil er sich von ihm bedroht gefühlt habe. "Wie wollen Sie gehört haben, wie der Junge sie bedroht, wenn Sie hier schon oft den Vorsitzenden mit Mikrofon nicht verstehen?", fragte der Staatsanwalt.
Angeklagter hat Wahnvorstellungen
Der Angeklagte hört nicht nur Lärm, den andere nicht wahrnehmen. In seinem Kopf sei auch eine Stimme. Die höre er im Gerichtssaal, aber auch im Gefängnis. Die Stimme gehöre einem Mann aus Albanien, er bedrohe ihn und kenne sein ganzes Leben. Aus Sicht der Gutachterin Nahlah Saimeh leidet der 82-Jährige an halluzinatorischer Schizophrenie. Deshalb sei er nur eingeschränkt schuldfähig. In welchem Umfang, müsse aber das Gericht entscheiden. Am 1. November wird die forensische Psychiaterin ihre Aussage fortsetzen. Wann in dem Bramscher Mordprozess das Urteil gesprochen wird, ist noch nicht bekannt.