Mord in Bramsche: Revision gegen Urteil eingelegt

Stand: 12.12.2023 17:23 Uhr

Staatsanwaltschaft und Verteidigung gehen gegen das Urteil gegen einen 20-Jährigen vor, der eine 19-Jährige in Bramsche-Pente vergewaltigt und ermordet hatte. Die Staatsanwaltschaft fordert eine höhere Strafe.

Die Jugendkammer des Landgerichts Osnabrück verurteilte den 20-Jährigen am Montag zu einer Jugendstrafe von neun Jahren, wie aus einer Mitteilung des Landgerichts vom Dienstag hervorgeht. Die Öffentlichkeit war von der Verhandlung ausgeschlossen, weil dem Angeklagten zusätzlich zu der Tötung der 19-Jährigen noch zwei weitere Taten zur Last gelegt wurden, die er als Jugendlicher begangen haben soll. Verurteilt wurde der 20-Jährige wegen Mordes und Vergewaltigung an der 19-Jährigen und wegen einer weiteren Vergewaltigung, die er als Jugendlicher begangen hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, innerhalb einer Woche kann dagegen Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung legen Revision ein

Genau das passierte auch: Noch am Tag der Urteilsverkündung legte die Staatsanwaltschaft nach Informationen des NDR Niedersachsen Revision ein. Sie hatte eine Haftstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten gefordert sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Letztere würde eine Entlassung nach der Haftzeit unwahrscheinlich machen. Auch die Verteidigung des 20-Jährigen will gegen das Urteil Revision einlegen, wie der NDR weiter erfuhr.

19-Jährige schwer verletzt auf Sportplatz gefunden

Die Tat in Bramsche hatte sich Anfang März am Rande einer Geburtstagsfeier ereignet. Die 19-Jährige war schwer verletzt auf einer Wiese an der Schützenhalle im Ortsteil Pente gefunden worden. Sie starb später im Krankenhaus. Der 20-Jährige war einer der 150 Partygäste. Der Verdacht gegen ihn hatte sich schnell erhärtet.

Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen

Das Landgericht Osnabrück hatte die Öffentlichkeit von dem Verfahren ausgeschlossen. Es berief sich auf den Paragrafen 48 im Jugendgerichtsgesetz. Mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit soll verhindert werden, dass der noch junge Angeklagte stigmatisiert wird. Verhandelt wurde auch eine Vergewaltigung, bei der der Täter noch jugendlich war. Ursprünglich sollte sogar das Strafmaß nicht öffentlich werden. Das hatte für Kritik gesorgt.

Verfassungsrechtler kritisiert Landgericht

Verfassungsrechtler Volker Böhme-Neßler kritisierte das Landgericht für dessen spärliche Informationspolitik: Es sei zwar gut, dass das Landgericht eine Pressemitteilung mit dem Strafmaß veröffentlicht habe. "Es ist aber aus meiner Sicht ein viel zu kleiner Schritt", sagte Böhme-Neßler. Es stehe nur das Ergebnis des Prozesses drin. "Es wird nichts gesagt zu den Gründen, die das Gericht dazu gebracht haben, so zu urteilen", sagte er. "Es geht darum, dass im Rechtsstaat Prozesse im Normalfall öffentlich sein müssen; das Volk muss wissen, welche Urteile in seinem Namen gesprochen werden." Der Verfassungsrechtler erklärte weiter: "In Jugendgerichtsverfahren geht es natürlich auch darum, die jugendlichen Täter zu schützen. Aber trotzdem ist aus meiner Sicht die Abwägung zwischen einerseits Öffentlichkeit des Verfahrens und andererseits Schutz des jugendlichen Täters nicht gelungen."

Weitere Informationen
Auf einem Schild steht Landgericht. © NDR Foto: Nicola Meyer

Mordprozess Bramsche: Darf Gericht Urteil unveröffentlicht lassen?

Ein Verfassungsrechtler hält die Entscheidung für rechtswidrig. In dem Verfahren steht ein 20-Jähriger vor Gericht. (07.09.2023) mehr

Ein Justizbeamter schließt die Tür eines Gerichtssaals, an der ein Schild mit dem Aufdruck Öffentlichkeit ausgeschlossen hängt. © picture alliance / dpa Foto: Friso Gentsch

Getötete 19-Jährige: Prozess ist gestartet - ohne Öffentlichkeit

Auch das Urteil soll geheim bleiben. Das Landgericht Osnabrück beruft sich auf das Jugendgerichtsgesetz - und erntet Kritik. (04.09.2023) mehr

Der Mann, der wegen eines Tötungsdeliktes unter Tatverdacht steht und festgenommen wurde, wird der Haftrichterin vorgeführt. In Bramsche-Pente wurde eine 19-Jährige bei einer Geburtstagsfeier getötet. © Lars Klemmer/dpa Foto: Lars Klemmer/dpa

19-Jährige in Bramsche getötet: 20-Jähriger in Untersuchungshaft

Der Mann soll die Frau bei einer Feier in einem Schützenhaus getötet haben. Auch der Vorwurf einer Vergewaltigung steht im Raum. (07.03.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Osnabrück | 12.12.2023 | 15:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus der Region

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Manuel Gava steht vor einem Rednerpult und spricht. © picture alliance/dpa Foto: Christoph Soeder/dpa

Drogenmissbrauch: Ermittlungen gegen Bundestags-Abgeordneten Gava

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen den SPD-Politiker. Er hatte vor Kurzem Kokain-Konsum eingeräumt. mehr

Aktuelle Videos aus Niedersachsen