Kirchenasyl: 100 Menschen verhindern Abschiebung eines 25-Jährigen
Die Bremer Innenbehörde hat in der Nacht zu Dienstag versucht, das Kirchenasyl eines 25-Jährigen zu beenden. Rund 100 Menschen und der Pastor der Gemeinde verhinderten, dass der Somalier abgeschoben werden konnte.
Einsatzkräfte der Polizei hatten den Mann in der Nacht zu Dienstag aus dem evangelischen Zion-Gemeindezentrum In Bremen abholen wollen. Laut Innenressort scheiterte das an bis zu 100, teilweise vermummten Menschen. Nach Angaben des Pastors der Gemeinde, Thomas Lieberum, befand sich der Mann seit September im Kirchenasyl. Wie der Bremer Senat mitteilte, sollte er nach Finnland gebracht werden, weil er dort über die russische Grenze in die EU eingereist war und erstmals registriert wurde.
Bremens Innensenator kritisiert Verhalten der Kirchengemeinde
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) kritisierte, dass sich die Kirche nicht an eine gültige Vereinbarung halte. Nach Angaben des Bremer Senats war der Somalier später nach Deutschland gereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Dieser sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgelehnt worden. Die Kirche habe daraufhin eine weitere Überprüfung beantragt. Das Bamf habe aber erneut entschieden, dass "es sich nicht um einen Härtefall handelt und dem Mann in Finnland nichts passieren wird", erklärte Mäurer. Diese Entscheidung sei zu akzeptieren. Mäurer zeigte sich auch verärgert, dass die Kirchengemeinde nach der Verhinderung der Abschiebung "mitten in der Nacht" die Glocken geläutet habe. Das sei "an Zynismus nicht zu übertreffen", erklärte er.
Pastor spricht von "Tabubruch"
Pastor Lieberum sprach hingegen angesichts der versuchte Räumung des Kirchenasyls von einem "Tabubruch". Stets habe seine Gemeinde eng mit den Behörden kooperiert. Ihm sei aus der Vergangenheit kein einziger Fall bekannt, in dem das Kirchenasyl in Bremen nicht akzeptiert worden sei. "Wir hoffen, dass die Behörden keinen weiteren Versuch unternehmen werden, das Asyl zu brechen".
Evangelische Kirche Bremen kritisiert Vorgehen der Behörden
Bernd Kuschnerus, der Leitende Geistliche der Evangelischen Kirche in Bremen, teilte mit, das Vorgehen weiche deutlich von der bisherigen gemeinsamen Linie von Staat und Kirchen ab. "Wir sehen, dass die Behörde und der Innensenator politisch unter Druck stehen. Die politische Stimmungslage mag schwierig sein." Jedoch fühle sich die Kirche verpflichtet, die einzelnen Menschen im Blick zu haben, so Kuschnerus. "Ich habe die Erwartung, dass wir zu dem bisherigen guten Einvernehmen zwischen Staat und Kirchen zurückkehren."
Wer bekommt Kirchenasyl?
Kirchenasyl gewähren Gemeinden oder Orden, wenn im Falle einer Abschiebung ihrer Auffassung nach für den Geflüchteten eine Bedrohung für Leib und Leben besteht. Grundlage dafür ist eine Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen. Eine Kirchengemeinde muss demnach begründen, warum sie im Einzelfall Kirchenasyl gewährt. Anschließend überprüft das BAMF den Fall noch einmal. In jüngster Zeit waren bundesweit mehrere Kirchenasyle von den Behörden geräumt worden.