Zeugen in Prozess um Vierfach-Mord: "Ich hatte solche Angst"
In der Nacht zum 1. März soll ein Soldat im Landkreis Rotenburg vier Menschen getötet haben. In dem Prozess am Landgericht Verden sagten am Freitag zwei Zeugen aus: ein Wachmann und die ehemalige Schwiegermutter.
Vor Gericht beschrieb der Wachmann eine Begegnung mit dem Angeklagten am Morgen nach der Tat. Demnach sei der Ex-Soldat um 7 Uhr morgens mit entblößtem Oberkörper in der Von-Düring-Kaserne in Rotenburg auf ihn zugekommen und habe sich gestellt. "Ich bin der, der gesucht wird", habe der 33-Jährige gesagt. Dabei habe er komplett ruhig gewirkt. Warum er gesucht werde, habe er aber nicht erwähnt. Der Wachmann befahl ihm nach eigener Aussage, sich in seinem Büro vor eine Wand zu stellen und zu warten. Das habe der Angeklagte auch getan. Ein wachhabender Soldat sei dann gekommen und habe den 33-Jährigen festgenommen, so der Zeuge.
Ex-Soldat soll emotional distanzierter Mensch gewesen sein
Die ehemalige Schwiegermutter des mutmaßlichen Täters erklärte vor Gericht, sie habe immer ein sehr inniges Verhältnis zu ihrem früheren Schwiegersohn gehabt. Er sei ein liebevoller Familienvater gewesen. Am Anfang habe das Paar "eine sehr, sehr große Liebe" füreinander empfunden, sagte die 60-Jährige weiter. Dann habe sich der 33-Jährige auf seine Karriere bei der Bundeswehr als Fallschirmjäger konzentriert, keine Gefühle gezeigt und nur wenig geredet. Ihre Tochter habe lieber Zeit mit ihrer besten Freundin verbracht.
Ex-Frau und beste Freundin hatten enges Verhältnis
Die enge Beziehung ihrer Tochter zur besten Freundin, die dem Angeklagten immer ein Dorn im Auge gewesen war, bestätigte die Mutter vor Gericht. Die Freundschaft der Frauen habe der 60-Jährigen Kopfzerbrechen bereitet, sagte sie. Beide übten ihren Angaben zufolge den gleichen Beruf aus, heirateten einen Soldaten, zogen in denselben Ort und bekamen zu einem ähnlichen Zeitpunkt Kinder. Als sich die Freundin von ihrem Mann trennte, wollte sich ihre Tochter wenige Monate später auch scheiden lassen. Sie habe gehofft, dass ihre Tochter dem 33-Jährigen noch eine Chance gibt. "Ich mochte ihn immer - jetzt nicht mehr", sagte sie vor Gericht.
Frühere Schwiegermutter: "Ich hatte solche Angst"
Am Morgen nach der Tat habe die 60-Jährige ein Foto des bewaffneten Ex-Soldaten bei WhatsApp gesehen. Daraufhin habe sie sich große Sorgen gemacht: "Ich hatte solche Angst", sagte sie. Der Ex-Soldat sei ein emotional eher distanzierter Mensch gewesen, was unter anderem ein Grund für das Aus der Ehe zwischen ihm und ihrer Tochter gewesen sei. Unter Tränen sagte sie vor Gericht: "Die Tat ist unfassbar. Es ist einfach nur schlimm." Ohne psychologische Hilfe gehe bei ihr nichts mehr. "Wir werden diese Geschichte nie im Leben vergessen", sagte die 60-Jährige. "Es wird immer belastend sein."
Gutachter als Zeuge vor Gericht
Als erster Zeuge im Prozess hatte ein psychiatrischer Gutachter ausgesagt. Der Angeklagte zeige keine Reue an der Tat: "Die Menschen, die ich verantwortlich mache, sind nicht mehr da. Seitdem kann ich besser schlafen und essen." Das habe der Angeklagte ihm mehrfach gesagt, sagte der Gutachter Anfang Oktober. Bislang hat sich der Angeklagte im Prozess vor dem Landgericht Verden nicht geäußert.
33-Jähriger soll auch Dreijährige getötet haben
In der Nacht zum 1. März 2024 hatte der aus dem Harz stammende 33-Jährige laut Anklage vier Menschen aus dem Umfeld seiner Ex-Frau ermordet. Zunächst sei er zum Haus des neuen Partners seiner Ex-Frau gefahren und in das Wohnhaus in Scheeßel wie bei einem militärischen Häuserkampf eingedrungen. Dort soll er die schlafende Mutter des Mannes aus nächster Nähe und den neuen Partner seiner Ex-Frau erschossen haben. Danach sei er in die wenige Kilometer entfernte Samtgemeinde Bothel gefahren und habe dort die beste Freundin seiner ehemaligen Frau und die dreijährige Tochter der besten Freundin erschossen. Laut Staatsanwaltschaft Verden soll der Angeklagte aus Rache und Hass getötet haben.