Mit einem Bagger wurden auf dem ehemaligen Fliegerhorst Gelände in Oldenburg Bodenproben entnommen. © NDR Foto: Christina Gerlach

Sondermüll auf Fliegerhorst illegal entsorgt? Stadt unter Druck

Stand: 05.03.2025 18:21 Uhr

Auf dem ehemaligen Fliegerhorst in Oldenburg sollen 15.000 Tonnen belasteter Bauschutt illegal entsorgt worden sein. In dem Fall geht es unter anderem um Korruptionsvorwürfe gegen einen städtischen Mitarbeiter.

von Christina Gerlach

Die Oldenburger Grünen wollen Auskunft von Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD), warum er dem Verdacht der illegalen Sondermüllentsorgung auf dem ehemaligen Fliegerhorst nicht nachgegangen ist. Dazu fordern sie jetzt umfassende Akteneinsicht. Nach Krogmanns Aussage habe der Kampfmittelräumdienst wegen möglicher Blindgänger davon abgeraten. Dem NDR liegt eine andere Einschätzung vor, wonach Grabungen bei entsprechenden Schutzmaßnahmen durchaus möglich waren. Das geht aus einem Protokoll einer Besprechung mit Vertretern der Stadt im April 2024 hervor. Ein Stadtsprecher teilt auf Anfrage mit, der Verdacht des Umweltvergehens sei haltlos. 

AUDIO: Illegal entsorgtes Material auf früherem Fliegerhorst (1 Min)

Illegal entsorgter Sondermüll auf Militärgelände entdeckt

Vergangene Woche war die Staatsanwaltschaft Oldenburg mit einem Durchsuchungsbeschluss auf dem ehemaligen Militärgelände und hatten nach NDR Informationen offenbar illegal entsorgten Sondermüll entdeckt. Die Oldenburger Ermittler hatten mit einem Spezialbagger auf der ehemaligen Schießbahn gegraben, wo das belastete Material abgelagert worden sein soll. Zeitgleich suchte die Staatsanwaltschaft Osnabrück in dem Zusammenhang nach Beweisen für Korruption in der Stadtverwaltung.

15.000 Tonnen Bauschutt und treibstoffverseuchte Erde

Den schweren Vorwurf der illegalen Abfallbeseitigung erhebt ein früherer Mitarbeiter eines Abbruchunternehmens aus der Nähe von Soest (Nordrhein-Westfalen), das seit Jahren mit den Sanierungsarbeiten auf dem ehemaligen Militärgelände beauftragt ist. In seiner Aussage bei der Polizei spricht der Baggerfahrer von 15.000 Tonnen Bauschutt, der mit Teer und Asbest belastet sein soll. Das Material soll beim Abbruch von Unterkunftsgebäuden und Hallen angefallen und nicht - wie vorgeschrieben - auf einer Sondermülldeponie entsorgt worden sein. Dazu gebe es rund 4.500 Kubikmeter treibstoffverseuchte Erde.

Verdacht: Mitarbeiter soll fürs Wegschauen Geld kassiert haben

Fuhre um Fuhre habe er auf der ehemaligen Schießbahn abgeladen - auf Anweisung eines städtischen Mitarbeiters vom Fachdienst "Projekt Fliegerhorst", sagte der Arbeiter aus. Gegen den städtischen Beschäftigten ermittelt inzwischen die für Korruption zuständige Staatsanwaltschaft Osnabrück. Der Verdacht: Er habe weggeschaut und dafür Geld kassiert - insgesamt rund 25.000 Euro. So schildert es der Baggerfahrer, der sich genau erinnert, wie er das Geld im Auftrag des Abbruchunternehmens in 5.000er-Tranchen in Briefumschlägen übergeben hat. Mal auf der Toilette eines Ammerländer Restaurants, mal steckte er das Bündel Scheine direkt in die Fahrradtasche des beschuldigten Stadtamtsrats. Eine Razzia fand auch in dessen Privathaus statt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

SPD und Grüne ziehen Antrag für Gelände-Untersuchung zurück

Wegen des Korruptionsvorwurfs hatte Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann im November 2023 Strafanzeige erstattet und den Mitarbeiter zunächst freigestellt. Den Vorwurf, es sei hochbelastetes Material auf der Schießbahn vergraben, versuchte die Stadtverwaltung mit umfangreichen Vergleichszahlen zu entkräften und weigerte sich, Bodenproben zu nehmen. Allerdings basierten die vorgelegten Zahlen vor allem auf den Mengenangaben des beauftragten Abbruchunternehmens. Die Fraktionen von SPD und Grünen im Stadtrat wollten das etwa 8.000 Quadratmeter große Gelände eigentlich untersuchen lassen, zogen aber einen entsprechenden Antrag schließlich zurück.

Staatsanwaltschaft durchsucht mehrere Büros und Privaträume

Im Fokus der Ermittler steht dabei auch ein Bodensachverständiger aus Bad Zwischenahn, der offenbar gleichzeitig für die Stadt Oldenburg und für den beauftragten Abbruchunternehmer gearbeitet haben soll. Gegen ihn wird wegen Betrugsverdachts ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück interessiert sich dafür, ob die von ihm kontrollierten und von der Stadt Oldenburg anstandslos bezahlten Rechnungen des Abbruchunternehmers auch dem tatsächlichen Arbeitsumfang entsprachen. Dabei geht es um Millionenbeträge. Bei dem Gutachter durchsuchten die Ermittler Büro- und Privaträume. Auch am Hauptsitz der Baufirma in Nordrhein-Westfalen hat es in der vergangenen Woche eine Razzia gegeben.

Bisher 20 Millionen Euro für Sanierung und Kampfmittelsondierung

Das Abbruchunternehmen und der Gutachter sind aktuell immer noch für die Stadt Oldenburg tätig, obwohl gegen beide Betrugsverdacht besteht. Keiner der Beschuldigten wollte sich zu den Vorwürfen äußern. Es gilt die Unschuldsvermutung. Auf dem Gelände des 2006 aufgegeben Oldenburger Fliegerhorstes soll ein neuer Stadtteil für 3.000 Menschen entstehen. Für Kampfmittelsondierung und Sanierung hat die Stadt bislang schon mehr als 20 Millionen Euro ausgegeben. 

Weitere Informationen
Fliegerhorst Oldenburg. © NDR Foto: Christina Gerlach

Fliegerhorst: Korruption in Oldenburger Stadtverwaltung?

Ein Mitarbeiter soll bestochen worden sein. Mittlerweile beschäftigen sich zwei Staatsanwaltschaften mit dem Fall. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Oldenburg | 27.02.2025 | 14:30 Uhr

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