Oldenburg: Aschenbecher im Boden für Zigarettenkippen
Zigarettenkippen sind eine enorme Belastung für die Umwelt - Lösungen dafür gibt es wenige. Die Stadt Oldenburg hat nun in einem Modellprojekt in den Boden eingelassene Aschenbecher installiert.
Zigarettenstummel sind in der Stadt überall zu finden: auf den Straßen, im Gebüsch, an Haltestellen. Das Ganze klingt banal, aber Zigarettenstummel sind eine viel größere Belastung für die Umwelt, als viele denken. Laut einer Studie machten Zigarettenkippen bereits seit den 1980er-Jahren rund 40 Prozent des Mülls aus, der an Küsten oder in Straßen aufgesammelt wurde. Weltweit werden laut WHO jährlich zwischen 340 und 680 Millionen Kilogramm an Zigarettenstummel unsachgemäß entsorgt. Und gerade an Gewässern besteht rund ein Drittel des Mülls aus Zigarettenfiltern.
Gifte in Zigarettenfiltern besonders schlimm
Ein großes Umweltproblem, nicht nur, weil die Filter aus Plastik bestehen, erklärt Matthias Freter vom NABU Niedersachsen: "Das Schlimmste an Zigarettenfiltern ist eigentlich, dass sie etwa 7.000 Giftstoffe enthalten. Es ist nicht nur der Filter an sich, der aus Plastik besteht, sondern auch die ganzen Inhaltsstoffe, wirklich Giftstoffe, die natürlich durch Regen in die Landschaft gewaschen werden. Darunter Arsen, Blei, Benzol, natürlich das Nikotin, das ist ein Nervengift. Das sind alles Stoffe, die in die Umwelt gelangen und dort Pflanzen und Tiere vergiften." Geraten die Gifte im Filter in den Wasserkreislauf, können sie unter anderem Probleme in unserem Grundwasser verursachen. Schon eine Kippe pro Liter Wasser kann für Fische tödlich sein. Und auch für Haustiere oder Kinder sind die Zigarettenstummel in der Natur giftig. Ein Projekt aus Oldenburg will den Zigarettenstummeln den Garaus machen - zumindest an den Bushaltestellen.
Aschenbecher im Boden
Mal eben schnell noch eine rauchen, bevor der Bus kommt. Beim Einsteigen dann die Kippe auf den Boden werfen. Das sieht man häufig an den Bushaltestellen. Ideen, wie man diesen giftigen Müll von den Straßen entfernen kann, gibt es einige. Als erste Stadt in Deutschland hat Oldenburg jetzt den Kippen den Kampf angesagt, mit Gittern im Boden, erklärt Andreas Wylenzek vom Abfallwirtschaftsbetrieb der Stadt Oldenburg. "Normale Papierkörbe werden ja von Raucherinnen und Rauchern eher weniger genutzt. Jetzt haben wir hier an Bushaltestellen eines Verkehrsknotenpunktes in Oldenburg solche Bodenascher installiert. Die Raucherinnen und Raucher, die auf den Bus warten, können dann schnell noch ihre Zigarettenkippe in diesen Bodenascher werfen - dass ist ein eingelassenes Gitter im Boden."
Vorbild: Niederlande
Ein solcher Kippen-Gully ist 40 x 40 Zentimeter groß. Fünf Stück sind davon bisher in den Boden an Haltestellen in der Oldenburger Innenstadt eingebaut worden. Die Idee dazu stammt aus den Niederlanden: "Oldenburg ist eine Partnerstadt von Groningen. Beim Austausch haben wir uns gedacht, Mensch was in Groningen klappt, dass könnte doch auch in Oldenburg funktionieren. So haben wir dann erstmals jetzt im Rahmen eines Pilotprojektes diese Bodenaschenbecher hier an den Bushaltestellen am Lappan installiert. Wir beobachten das sehr engmaschig und wollen dann sehen, ob wir das auf weiteren Bushaltestellen im Stadtgebiet ausweiten oder nicht."
Erfolg der Aktion derzeit schwer messbar
Täglich werden die Bodenaschenbecher von Mitarbeitern des Abfallwirtschaftsbetriebs kontrolliert, sie schauen, ob die Kippen-Gullys genutzt werden und wie viele Zigarettenstummel darin landen. Aber: Durch die Corona-Pandemie seien deutlich weniger Menschen als üblich unterwegs, sagt Andreas Wylenzek. Wie gut sie genutzt werden, lasse sich aktuell schwer sagen: "Wenn die Geschäfte hier alle geöffnet haben, dann sind hier einige Tausend Menschen am Tag, die hier auf ihre Busse warten. Und das wollen wir zumindest abwarten und auswerten und dann weiter zu überlegen, wie wir diesen Modellversuch ausweiten oder gegebenenfalls auch wieder eingrenzen." Bisher sei die Rückmeldung der Oldenburger aber überwiegend positiv. Einige skeptische Stimmen gibt es dennoch. Manche glauben, es sei genauso umweltschädlich, wie die Kippen auf den Boden zu werfen. Andere gehen davon aus, dass sich niemand daran halten wird.
Andere Lösung: Zigarettenpfand
Auch in anderen Städten gibt es bereits Ansätze, Zigaretten-Müll zu vermeiden. In Berlin setzt sich zum Beispiel die Initiative Die Aufheber für eine müllfreie Umgebung ein. Sie fordern: Pfand auf Zigaretten. Dazu der Gründer der Initiative Stephan von Orlow: "Wir sind davon überzeugt, wenn wir einen Pfand von etwa 20 Cent pro Kippe erheben, dass wir es wirklich schaffen würden auch den letzten Litterer davon zu überzeugen, sich das Geld wiederzuholen. Das sind etwa vier Euro pro Schachtel. Das halte ich für einen guten finanziellen Anreiz, um Zigarettenmüll auf dem Boden zu vermeiden." Mehr als 70.000 Unterstützer habe die Petition bereits. Die Zigaretten-Gullys, wie es sie in Oldenburg gibt, sieht von Orlow eher kritisch. Er befürchtet, dass Menschen dadurch animiert werden, ihre Kippen auf den Boden zu werden. Andreas Wylenzek vom Oldenburger Abfallwirtschaftsbetrieb sieht dennoch die Kippen-Gullys als ersten Schritt in Richtung saubere Innenstadt: "Es ist nicht der Stein der Weisen und auch nicht die optimale Lösung aber es ist eine Verbesserung des derzeitigen Zustandes. Wir hoffen, dass die Raucherinnen und Raucher diese Bodenaschenbecher auch wirklich nutzen. Dann ist es zumindest eine Verbesserung des derzeitigen Zustandes. Optimal wäre es, wenn hier gar nicht geraucht werden würde, dann werden auch keine Zigarettenstummel mehr anfallen."