Alt-Munition in der Nordsee gefährdet Leben unter Wasser
Aus versunkenen Kriegsschiffen in der Nordsee tritt allmählich Sprengstoff aus. Das bedroht aus Sicht von Wissenschaftlern das marine Ökosystem - und könnte auch den Menschen gefährden.
Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forschungsteam. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben 15 Schiffswracks aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg in der Nordsee untersucht. Die Ergebnisse ihres Projekts "North Sea Wracks" (Nordsee-Wracks) stellten sie am Mittwoch in Bremerhaven vor. Bei Fischen, die in der Nähe der Munition leben, wurde demnach eine höhere Rate an Lebertumoren nachgewiesen. So werde durch rostende Munitionshülsen im Wasser beispielsweise der krebserregende Sprengstoff TNT freigesetzt, sagte der Biologe Matthias Brenner vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Schon in geringen Konzentrationen schädige TNT Organismen wie Fische, Muscheln, Krebse und Würmer. Bereits im März hatte der Naturschutzbund auf die Gefahren von alter Munition in Nord- und Ostsee hingewiesen. Die untersuchten Wracks befinden sich in belgischen, dänischen und niederländischen Gewässern, vier im deutschen Teil der Nordsee.
Weltkriegsmunition im Meer: Verzehr von Fisch unbedenklich
Nach Einschätzung der am Projekt beteiligten Toxikologen ist der Verzehr von Fischen, die in der Nord- und Ostsee gefangen wurden, nichtsdestotrotz gesundheitlich unbedenklich. Doch weil die Munition weiter rostet und sich im Meer noch andere Schadstoffe befinden, gelte es, das Thema weiter im Blick zu behalten. In Nord- und Ostsee liegen schätzungsweise 1,6 Millionen Tonnen Kriegsmunition. Sie befinden sich nicht nur an Bord von Schiffen, sondern auch in Meeresgebieten, in denen nach dem Krieg Militärgüter entsorgt wurden.
Munition im Meer: Wie geht es weiter?
Die Munition aus den Schiffswracks zu bergen, sei teuer und kompliziert, so der Biologe Brenner. Einfacher und effektiver sei es zunächst, verklappte Sprengstoffe aus dem Wasser zu holen, die aber größtenteils in der Ostsee liegen. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag ein Sofortprogramm zu verklappten Munitionsaltlasten im Meer angekündigt. Eine Pilotanlage zur Bergung und Vernichtung soll entwickelt werden.