Vom Pastor zum Fährmann auf der Elbe
Über 30 Jahre war er Pastor in Gartow (Landkreis Lüchow-Dannenberg). Jetzt bringt Eckhard Kruse Menschen in Schnackenburg über die Elbe. Er lässt sich im Ruhestand zum Fährmann ausbilden.
Sein Tag beginnt kurz vor acht an der Elbe in Schnackenburg. Morgens müssen die Leinen gelöst werden, die die 20 Meter lange Fähre am Ufer festhalten. An zwei Stellen heißt es Leinen los, dann ist die "Ilka" und damit auch Eckhard Kruse bereit für Fahrgäste. 30 Tonnen wiegt die "Ilka" und bringt pro Fahrt bis zu 30 Menschen von Schnackenburg in Niedersachsen über den Fluss nach Lütkenwisch in Brandenburg. Meistens sind es aber deutlich weniger, denn die Fähre fährt nach Bedarf, immer dann, wenn jemand über den Fluss gebracht werden möchte.
Azubi im Ruhestand - zwischen Schnackenburg und Lütkenwisch
Über 30 Jahre war Eckhard Kruse Pastor der evangelischen Gemeinde in Gartow (Landkreis Lüchow-Dannenberg). Er war im Ort bekannt, hat die Leben der Menschen begleitet und trat öffentlich während der Castor-Transporte in Gorleben auf. Die evangelische Landeskirche macht ihn zu ihrem Endlagerbeauftragten. Seine freie Zeit nutzte er gerne zum Segeln. Jetzt ist er auch auf dem Wasser, aber deutlich ruhiger unterwegs. Eckhard Kruse ist noch einmal Azubi und lässt sich zum Fährmann ausbilden. Noch fährt er aber nicht allein: Bis er seine Prüfung bestanden hat, muss immer ein ausgebildeter Fährmann mit an Bord sein, also seine Ausbilder Thorsten Hesse oder Dirk John. 180 Tage muss Kruse die Fähre gefahren sein, bevor er die Prüfung machen darf. Die besteht aus einer praktischen Fahrt sowie einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung.
Mit den Händen denken
Gesteuert wird die Fähre vor allem mit zwei drehbaren Hebeln. Sie sind verbunden mit den beiden Schiffsschrauben, die sich um 360 Grad drehen lassen, um die Fähre im Zusammenspiel mit der Strömung zu steuern. Eine Bremse gibt es nicht. "Nicht mit dem Kopf sondern mit den Händen denken. Das muss wirklich schneller an den Händen sein, als der Kopf drüber nachdenken kann." Das war der wichtigste Rat, den Ausbilder Dirk John für Kruse hatte. Denn die größte Herausforderung für den Theologen, war der Umstieg auf das Handwerk. Nicht mehr lange denken, sondern eben direkt die Hände bewegen.
Der Pastor wird zum Fährmann
Fragt man Kruse, wie er auf die Fähre gekommen ist, klingt das erstmal einfach: Er habe die Fähre gerne genutzt, die Fährleute bewundert. Nach dem Ende seiner Arbeit als Pastor, habe er dann gefragt, ob er ein Praktikum machen darf und ob das Amt Lenzen-Elbtalaue als Betreiber seine Ausbildung genehmige. Das Amt unterstützte seine Idee und Kruse konnte die Ausbildung starten. Der weitere Weg war dann doch nicht ganz so einfach. Der Wechsel vom Pastorenleben zum Ruhestand sei ihm schwer gefallen: "Das war sehr schwer zu sagen, nein, ich bin jetzt im Ruhestand und ich kann euch nicht mehr begleiten, das war wirkliche harte Arbeit für mich", erzählt Kruse. Ein Jahr lang habe er nichts in der Kirche gemacht, damit er selbst lernt, im Ruhestand anzukommen. Und auch damit die Gemeinde lernt, dass er jetzt eine neue Rolle hat "Ich musste als erstes, um überhaupt im Ruhestand anzukommen, hier gegen den Strom segeln", erzählt Eckhard Kruse. Er startete zu einer Segeltour über die Elbe, aber auch bis nach Berlin: "Das war, wie eine Reise zu machen zu sich selber, wo man gleichzeitig ganz weit weg ist." Während der Segeltour hate er dann nach dem Praktikum auf der Fähre gefragt. Und die neue Rolle als Fährmann, hilft jetzt auch bei der alten Rolle: Inzwischen ist seine erstes Jahr im Ruhestand rum. Kruse feiert auch wieder einzelne Gottesdienste. Und lässt da auch Erlebnisse von der Fähre mit einfließen.
Übergänge begleiten geht in allen Jobs
Und auch bei der Arbeit auf der Fähre, merkt man Kruse seine alte Rolle als Pastor immer wieder mal an. Sei es im Kleinen, wie beim Abschiedsgruß "Bleiben Sie behütet" oder aber, wenn er über seine beiden Berufe nachdenkt. Denn Grenzen zu überwinden und Menschen bei Übergängen zu helfen, das habe er schon immer gemacht. Als Pastor ging es vor allem um Übergänge im Leben (Taufen, Konfirmation, Beerdigungen) und jetzt seien es eben ganz praktische Übergänge von einem Ufer ans andere, die er begleite. Was bleibt sind die vielen Gespräche, die Kruse mit den Menschen führt. Nur jetzt eben auf dem Wasser.