Das niedersächsische Wappen auf der Uniform von zwei Polizeibeamten. © NDR Foto: Julius Matuschik

Gericht verhandelt Abschiebung von mutmaßlichem Serien-Straftäter

Stand: 05.02.2025 19:00 Uhr

In Lüneburg sorgt der Fall eines mutmaßlichen Serien-Straftäters für Unruhe. Der 30 Jahre alte Mann aus Guinea-Bissau hält sich illegal in Deutschland auf. Er soll abgeschoben werden.

Am Donnerstag ist der 30-Jährige am Amtsgericht Lüneburg Protagonist in zwei Verfahren. In einer Verhandlung um 13 Uhr wird darüber entschieden, ob der Mann nach Guinea-Bissau abgeschoben wird. Eine Stunde später muss er sich wegen diverser Delikte vor Gericht verantworten - darunter vorsätzliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung. Am Donnerstag ist der Fall auch Thema im Innenausschuss des Niedersächsischen Landtags.

VIDEO: Lüneburg: Mutmaßlicher Serien-Straftäter vorläufig in Haft (03.02.2025) (2 Min)

Zuvor wurde ein Haftbefehl erlassen

Die Polizei hatte "in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft Lüneburg" Straftaten des Mannes aus den vergangenen Tagen zusammengetragen, wie ein Sprecher mitteilte. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg beantragte eine sogenannte Hauptverhandlungshaft. Am Sonntag erließ ein Richter des Amtsgerichts Haftbefehl.

Bäckerei-Verkäuferin binnen einer Woche zweimal attackiert

Der Mann aus Guinea-Bissau soll in den vergangenen Wochen rund 50 Straftaten begangen haben. Unter anderem soll er zweimal eine Bäckerei-Verkäuferin angegriffen haben. Nach dem letzten Angriff am Samstag, bei dem er die Frau laut Polizei im Gesicht verletzt und in die Hand gebissen hatte, kam er zunächst in Gewahrsam, wurde am Sonntagmorgen aber wieder freigelassen. Wenig später soll der 30-Jährige in einem Lüneburger Lokal die Zeche geprellt haben. Als die Polizei eintraf, sei er aggressiv geworden und habe einen Beamten beleidigt. Die Beamten nahmen ihn ein weiteres Mal fest.

Ein Polizist hält Handschellen einsatzbereit vor einem Streifenwagen. © NDR Foto: Pavel Stoyan
AUDIO: Serien-Straftäter in Lüneburg: Wie kam der Haftbefehl zustande? (1 Min)

Oberbürgermeisterin Kalisch: Viele verängstigte Menschen

Der Fall des Mannes sorgte in Lüneburg für Kritik an der Justiz. Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) hatte am Sonntag mitgeteilt, sie erlebe derzeit viele Bürgerinnen und Bürger, die sich verängstigt und hilflos fühlen. Hintergrund war eine vorangegangene Entscheidung des Amtsgerichts: Dieses hatte am Freitag - einen Tag vor dem erneuten Angriff auf die Bäckerei-Verkäuferin - eine von der Ausländerbehörde des Landkreises Harburg in Absprache mit der Polizei beantragte Abschiebehaft für den 30-Jährigen abgelehnt. Kalisch hatte die Entscheidung am Sonntag kritisiert: Dass der Mann nicht in Abschiebehaft komme, könne sie persönlich nicht nachvollziehen, "auch wenn ich sie in meiner öffentlichen Funktion akzeptieren muss". Sie erwarte nun von allen beteiligten Behörden und Gerichten, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um für mehr Sicherheit der Menschen in der Stadt zu sorgen, so Kalisch. 

Amtsgericht bemängelt fehlende Details

Das Amtsgericht hatte die Ablehnung der Abschiebehaft am Freitag mit Verweis auf die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes begründet. Demnach könne die Haft nur angeordnet werden, wenn "die zweifelsfreie Ausreisepflicht, die Abschiebungsvoraussetzungen, die Erforderlichkeit der Haft, die Durchführbarkeit der Abschiebung und die notwendige Haftdauer gegeben seien". Konkret sei in dem Antrag nicht klar geworden, wann die Abschiebung mit welchem Sicherheitspersonal und welchem Flug hätte durchgeführt werden sollen, hatte das Gericht am Freitag auf Anfrage des NDR Niedersachsen mitgeteilt. Die "Durchführbarkeit der Abschiebung in der beantragten Haftzeit" gehe aus dem Antrag nicht hervor, hieß es.

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Gefälschter Aufenthaltstitel

Der Mann war laut Polizei zum ersten Mal bei einer Personenkontrolle Anfang Januar aufgefallen. Dabei habe er sich in Tostedt (Landkreis Harburg) mit einem gefälschten portugiesischen Aufenthaltstitel ausgewiesen. Der 30-Jährige sei angewiesen worden, sich bei der Ausländerbehörde im Landkreis Harburg zu melden, habe dies aber nicht getan. Ende Januar habe die Polizei ihn dann in Lüneburg angetroffen und eine sogenannte Ausweisungsverfügung übergeben. Ab da hätte er sieben Tage Zeit gehabt, um das Land zu verlassen. Ab diesem Zeitpunkt habe der Mann nahezu täglich mit der Polizei zu tun gehabt, unter anderem, weil er die Zeche geprellt habe oder gewalttätig geworden sei. Er habe auch eine Polizistin mit der Faust verletzt. Immer wieder habe die Polizei ihn in Gewahrsam genommen, es seien ihm Hilfsangebote gemacht worden, die er abgelehnt habe.

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