Zwangsarbeit bei Bahlsen: Familie bedauert "Unrecht"
Kekshersteller Bahlsen aus Hannover hat mehr Zwangsarbeiter in der NS-Zeit eingesetzt als bisher angenommen. Das zeigt eine Studie, die das Unternehmen nach Kritik an Aussagen der Bahlsen-Tochter beauftragt hatte.
Demnach haben von 1940 bis 1945 mehr als 800 ausländische Arbeitskräfte Zwangsarbeit für Bahlsen geleistet. Bei den Zwangsarbeitern handelte es sich laut Unternehmen überwiegend um Frauen aus Polen und der Ukraine. Sie mussten stigmatisierende Zeichen tragen, waren in Baracken untergebracht, erhielten geringere Löhne und eine schlechte medizinische Versorgung.
Bahlsen hat vom NS-Regime profitiert
Die Familie räumte per Stellungnahme ein, der Konzern habe vom System des Naziregimes durch den Einsatz von Zwangsarbeitern profitiert. "Unsere Vorfahren und die damals handelnden Akteure haben sich in der NS-Zeit das System zu Nutze gemacht", hieß es. Die Wahrheit über die damaligen Ereignisse sei unbequem und schmerzhaft. "Wir bedauern das Unrecht, das diesen Menschen bei Bahlsen geschehen ist, zutiefst. Auch bedauern wir, dass wir uns dieser schwierigen Wahrheit nicht früher gestellt haben."
Bahlsen-Erbin irritierte mit früheren Aussagen
Die Aufarbeitung der eigenen Firmengeschichte hatte die Familie infolge von Kritik an früheren Aussagen der Firmenerbin angestoßen. Verena Bahlsen hatte 2019 behauptet, man habe Zwangsarbeiter bei Bahlsen während der NS-Zeit "gut behandelt" und damit eine heftige Kontroverse ausgelöst. Die damals 26-Jährige hatte sich kurz darauf für ihre Äußerungen entschuldigt.
Aufarbeitung auf 600 Seiten
Erstellt wurde die nun veröffentlichte, rund 600 Seiten umfassende Aufarbeitung "Die Geschichte des Hauses Bahlsen" von den beiden Göttinger Historikern Manfred Grieger und Hartmut Berghoff. Bahlsen habe das Projekt finanziert, aber keine inhaltlichen Vorgaben auferlegt, betonte das Unternehmen.