Weiterer Kältetoter? Obdachloser am Hauptbahnhof gestorben
In Hannover ist erneut ein Obdachloser ums Leben gekommen. Die Obduktion zeigt, der Mann hatte mehrere Herzleiden. Verbände in der Stadt sind besorgt, weil viele Betroffene Hilfen nicht annehmen.
Der 45-jährige Mann aus Polen wurde Anfang des Monats leblos auf dem Raschplatz am Hauptbahnhof Hannover gefunden. Die Staatsanwaltschaft Hannover ordnete daraufhin eine Obduktion an. Ein Verbrechen konnte danach ausgeschlossen werden. Stattdessen kam heraus, dass der Mann mehrere Herzleiden hatte. Die offizielle Todesursache ist laut Obduktion Herzversagen. Aber welche Rolle spielte die Kälte dabei? Kathrin Söfker, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover erklärt: "Eine Unterkühlung als Todesursache kann nicht ausgeschlossen werden. Immerhin hatte der Mann bereits ein geschwächtes Immunsystem." Erst Ende des vergangenen Jahres waren in Hannover drei Menschen in der Kälte erfroren.
Zahl der Opfer in Hannover auffällig
Vier Tote innerhalb eines Winters - das ist viel. Zahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zeigen, dass deutschlandweit im vergangenen Winter 2023/24 gerade einmal sechs Obdachlose erfroren sind. Auch im Jahr davor waren es sechs Todesopfer in ganz Deutschland. Und jetzt sind allein in Hannover bereits vier Menschen in diesem Winter gestorben. Gründe dafür lassen sich nur schwer aufzeigen. Friedhelm Feldkamp von der Diakonie Hannover erklärt aber, dass offenbar vermehrt Obdachlose die angebotenen Hilfen nicht annehmen. In Hannover gibt es unter anderem Nachtcafés und Kältebusse.
"Scham ist ein großes Thema bei Obdachlosen"
Warum das so ist, lasse sich pauschal nicht beantworten, sagt Katharina Sterzer, Geschäftsführerin des Straßenmagazins "Asphalt" in Hannover. "Da muss auch immer der Einzelfall betrachtet werden. Aber wir hören immer wieder, dass Scham ein großes Thema bei den Obdachlosen ist." Viele Betroffene trauen sich demnach nicht, Einrichtungen aufzusuchen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Viele kommen zum Beispiel aus Osteuropa, weil sie sich hier ein besseres Leben erhoffen. "Und dann müssen sie sich eingestehen, dass es einfach nicht klappt. Das ist den Menschen unangenehm", so Sterzer. Außerdem haben etliche Obdachlose auch Angst vor Strafen, weil sie in der Vergangenheit geklaut haben oder schwarz gefahren sind.
Sozialarbeiter bieten Hilfe an
Und ein ganz wesentlicher Grund: Viele Obdachlose wissen nicht, welche Hilfsangebote es in der Stadt überhaupt gibt. "Da müssen wir noch besser informieren", sagt Katharina Sterzer. In Hannover sind immer wieder Sozialarbeiterinnen und -arbeiter unterwegs, sprechen Wohnungslose an und informieren über Nachtcafés und die anderen Angebote. Viele reagieren darauf aber mitunter skeptisch. "Oft sind die Menschen auch überfordert", so Sterzer.
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