Versuchter Giftmord? Angeklagter spricht von "Missgeschick"
Vor dem Landgericht Hannover hat der Revisionsprozess gegen einen Musiker begonnen, dem versuchter Giftmord vorgeworfen wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das erste Urteil im Juni 2024 teils aufgehoben.
Der Angeklagte bestritt am Dienstag vor dem Landgericht, dass er zwei Orchesterkollegen auf einer Konzertreise habe töten wollen. Der 64-Jährige hatte seinen Kollegen einen mit Rattengift versetzten Frischkäse-Dip vorgesetzt. Er sprach von einem "folgenschweren Missgeschick", das ihm passiert sei, als er den Dip zubereitet habe. Ihm sei keine bewusste Tat vorzuwerfen, sagte der Angeklagte vor Gericht und bat die Kollegen um Verzeihung.
Fall der vergifteten Kollegen: Körperverletzung oder versuchter Mord?
Das Landgericht Hannover hatte den heute 64-Jährigen im Oktober 2023 unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Es hatte die Vergiftung der beiden Kollegen seinerzeit als "Denkzettel" gewertet. Dem Musiker habe der Beistand seiner Kollegen in einer Lebenskrise gefehlt, so das Gericht damals. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das Urteil Revision eingelegt, weil sie davon überzeugt ist, dass der Mann die Kollegen des Sinfonieorchesters Schleswig-Holstein töten und nicht verletzen wollte. Beide erlitten den Angaben zufolge Blutgerinnungsstörungen, an denen sie hätten sterben können. Einige Tage vor der Konzertreise soll der Musiker zudem seine Mutter vergiftet haben. Das Landgericht Hannover hatte ihn dafür wegen versuchten Mordes verurteilt. Für beide Taten hatte er eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren erhalten.
Angeklagter: Rattengift geriet versehentlich in den Dip
Vor Gericht sagte der Angeklagte am Dienstag, er habe den Dip für die Konzertreise und die Süßspeise mit Rattengift für seine Mutter zeitgleich zubereitet - dabei müsse Gift in das falsche Gefäß gelangt sein. Das sei ein "fataler Fehler" gewesen, so der Angeklagte. Auch seine Mutter habe er mit dem Gift nicht töten, sondern erreichen wollen, dass sie dauerhaft in einem Pflegeheim untergebracht wird.
BGH: Fall der vergifteten Kollegen muss neu verhandelt werden
Der Angeklagte ist nach wie vor wegen versuchten Mordes an seiner 93 Jahre alten Mutter verurteilt - in diesem Fall hat der BGH das Urteil des Landgerichtes Hannover nicht aufgehoben. Im Fall der vergifteten Kollegen hielt der BGH das Landgerichts-Urteil jedoch für unrechtmäßig, da es in der Vergiftung eine gefährliche Körperverletzung gesehen hatte und nicht davon ausgegangen war, dass der Mann seine Orchesterkollegen töten wollte. Das Landgericht sei "zugunsten des Angeklagten von Annahmen ausgegangen, für die das Beweisergebnis keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hat", so der BGH.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Hannover
