VW-Milliarde: Schuldenabbau oder Klimaschutz?
Was passiert mit dem Milliarden-Bußgeld gegen VW? Über diese Frage haben am Mittwochmorgen die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags in einer Aktuellen Stunde diskutiert. Unter dem Beifall der Abgeordneten erklärte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), dass das Geld bereits am Montag in der niedersächsischen Staatskasse eingegangen sei. Das habe ihm Justizministerin Barbara Havliza (CDU) mitgeteilt. Trotz der unverhofften Finanzspritze für das Land fand Weil aber auch ernste Worte mit Blick auf den Diesel-Skandal. "Wir wissen ganz genau, dass der Sachverhalt, der dahinter steht, höchst unerfreulich ist, dass er Teil des vermutlichen größten Schadensfalls in der europäischen Wirtschaftsgeschichte ist", so der Ministerpräsident. "Lassen Sie uns das auch immer im Hinterkopf behalten."
1.000.070.492,40 Euro an Staatsanwaltschaft
In der Staatskasse ist sogar noch etwa mehr als nur der Bußgeld-Betrag angekommen. Das Justizministerium bestätigte NDR.de, dass ein Betrag in Höhe von 1.000.070.492,40 Euro einem Konto der Staatsanwaltschaft Braunschweig gutgeschrieben worden sei. "Neben dem gegen die Volkswagen AG verhängten Bußgeld in Höhe von genau einer Milliarde Euro deckt diese Summe auch Verfahrensgebühren und -auslagen in Höhe von 70.492,40 Euro ab", so Sprecher Martin Speyer.
Grüne wollen Geld für Klimaschutz nutzen
Die Grünen fordern, dass das Land die Milliarde für den Klimaschutz und zur Verbesserung der Luftqualität nutzt. Deshalb sollte das Geld in den Öffentlichen Nahverkehr, E-Busse oder den Ausbau des Radwegenetzes investiert werden. Außerdem könnte das Geld genutzt werden, um alte Kredite abzuzahlen, sagte Fraktionschefin Anja Piel.
Birkner: Geld nicht "verfrühstücken"
Die FDP sprach sich dafür aus, einen Großteil der Summe für den Abbau der Landesschulden in Höhe von 61,45 Milliarden Euro zu nutzen. "Wir sind der Auffassung, dass in wirtschaftlich guten Zeiten, die zu entsprechend hohen Steuer-Mehreinnahmen führen, endlich konsequent und spürbar auch Altschulden abgebaut werden müssen", so Fraktionschef Stefan Birkner. Die Landesregierung dürfe die Milliarde nicht "verfrühstücken".
Was bleibt übrig?
Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU zeigten sich offen dafür, mit dem Geld auch alte Schulden zu tilgen. Gleichzeitig betonten sie aber auch, dass noch überhaupt nicht klar sei, ob unterm Strich wirklich eine Milliarde Euro übrig bleibt. Das Bußgeld gegen VW könnte sich auch auf die Steuern, die der Konzern zahlt, und auf die Dividende auswirken. Das Plus in der Landeskasse könne somit am Ende etwas kleiner ausfallen. "Wir haben eine steuerliche Prüfung, die dauert an - und deswegen sollte sich niemand vorsorglich auf eine Zahl festlegen", betonte Weil. In den Länderfinanzausgleich wird das Geld allerdings nicht eingerechnet.
Ein Strauß von Wünschen
Neben den Parteien äußerten in den vergangenen Tagen auch viele Verbände ihre Wünsche, wie das Geld verwendet werden sollte:
- Der Richterbund fordert die Finanzierung der im Koalitionsvertrag zugesagten 250 neuen Stellen für Richter und Staatsanwälte.
- Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Niedersachsen empfiehlt, mit einem Teil des Geldes alternative Antriebssysteme und den Öffentlichen Nahverkehr zu fördern.
- Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht sich für eine breit angelegte Investitionsoffensive für die Modernisierung des Landes aus. Neben besseren Straßen und Schienen gehörten dazu auch gut ausgestattete Schulen, bezahlbarer Wohnraum und die Weihnachtsgeld für alle Beamten.
Weil warnt vor Enttäuschungen
Angesichts der vielen Forderungen warnte Ministerpräsident Weil in der Debatte vor zu großen Erwartungen. "Für die eine Milliarde, die wir erhalten haben, erhalten wir gleichzeitig auch zehn Milliarden Vorschläge. Das heißt, wir werden unter dem Strich vermutlich neun Milliarden Enttäuschungen auslösen", sagte er. Konkrete Entscheidungen über die Verwendung des Geldes sollen frühestens nach der Haushaltsklausur der Landesregierung am 24. und 25. Juni fallen.