Bistum Hildesheim lässt Missbrauch in Einrichtungen untersuchen

Stand: 21.03.2025 19:30 Uhr

Das Bistum Hildesheim hat eine weitere Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Auftrag gegeben. Unter anderem sollen Kinder- und Jugendheime in katholischer Trägerschaft geprüft werden.

Am Freitag stellte das Bistum den Rahmen für die neue unabhängige Studie vor. Demnach soll die Studie sich zum Beispiel mit dem Bernwardshof in Hildesheim beschäftigen - für dieses Kinderheim liegen den Angaben zufolge bereits Berichte über physische, psychische und sexualisierte Gewalt vor. In einer Vorgängerstudie des Bistums ist von "Konturen eines totalitären Erziehungsregimes" die Rede. "Es sind Verbrechen passiert, die betroffene Menschen auf ihrem Lebensweg oftmals schwer beeinträchtigt haben", sagte Hildesheims Bischof Heiner Wilmer bei dem Termin. Die Verbrechen hätten unermessliches Leid verursacht und stünden im Gegensatz zum Evangelium Jesu.

Bistum stellt 1,6 Millionen Euro bereit - sechs Vollzeitstellen

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Weiter soll ein Team von Kinderschutz-Experten, Psychologen und Juristen als mögliche Tatorte katholische Schulen sowie die Jugendarbeit in den Pfarrgemeinden in den Fokus nehmen. Es werde geprüft, welche Strukturen Missbrauch begünstigten, welche Akteure nicht gehandelt hätten und wer Fälle vertuscht hätte, hieß es vom Bistum. Dafür würden die Wissenschaftler auf Grundlage des kirchlichen Datenschutzes und einer bischöflichen Verfügung sämtliche Aktenbestände auswerten können. Die neue Studie ist zunächst auf zwei Jahre angelegt und umfasst den Zeitraum von 1945 bis 2024. Sie kostet das Bistum nach eigenen Angaben rund 1,6 Millionen Euro - mit dem Geld werden demnach vor allem sechs Vollzeitstellen über zwei Jahre finanziert. 

Betroffenenrat befürwortet das Vorhaben

Die Sprecherin des Betroffenenrats Nord, Nicole Sacha aus Wolfenbüttel, sieht die Aufarbeitung im Bistum Hildesheim auf einem guten Weg. Denn neben Taten, Tätern, rechtlichen und moralischen Fragen, wird es laut dem Bistum auch um die Folgen sexualisierter Gewalt für Kinder und Jugendliche auf ihrem weiteren Lebensweg gehen. Auch Konflikte in betroffenen Gemeinden sollen exemplarisch untersucht werden. Geplant ist demnach, erste Zwischenergebnisse im nächsten Sommer vorzulegen.

Studie basiert auf zwei anderen Untersuchungen

Bischof Heiner Wilmer sitzt bei einer Pressekonferenz im Bischöflichen Generalvikariat und blickt auf den Boden, vor ihm ein Namensschild. © picture alliance/dpa Foto: Julian Stratenschulte
Aufarbeitung sexualisierter Gewalt habe für das Bistum höchste Priorität, sagte Bischof Heiner Wilmer bei der Vorstellung der Studie.

Die Untersuchung soll auf den Erkenntnissen zweier Vorgängerstudien aus den Jahren 2017 und 2021 aufbauen. Diese hatten sich vor allem auf die Amtszeit des früheren Bischofs Heinrich Maria Janssen fokussiert. Während dessen Amtszeit - von 1957 bis 1982 - habe es "Vertuschung und institutionelles Versagen" gegeben, sagte Hildesheims aktueller Bischof Heiner Wilmer am Freitag. Janssen, der 1988 gestorben ist, wird von mehreren Personen als Missbrauchstäter beschuldigt. Die Betroffenen meldeten Übergriffe im Alter von acht bis zwölf Jahren. Seit vergangenem Oktober ist die Gruft Janssens im Hildesheimer Dom deshalb nicht mehr öffentlich zugänglich.

Das Bistum Hildesheim umfasst weite Teile Niedersachsens und Bremens - ihm gehören rund eine halbe Million Katholikinnen und Katholiken an.

Schwierige Begriffe: Kinderpornografie und Missbrauch

  • Kinderpornografie ist die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren. Der Herstellung solcher Darstellungen liegt ein realer, oft schwerer sexueller Missbrauch zugrunde. Delikte in diesem Straftatbestand werden mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (Quelle: BKA)
  • Die Aufarbeitungskommission, die sexuellen Kindesmissbrauch in Deutschland unabhängig aufarbeitet, kritisiert die Bezeichnung: Kinderpornografie sei ein verharmlosender und ungenauer Begriff für Missbrauchsdarstellungen von Kindern auf Fotos, in Filmen und Texten. Der Begriff vermag darüber hinwegtäuschen, dass jede derartige Darstellung eine schwere Straftat ist, so die Kommission.
  • Der Verein "Wendepunkt" betont, dass bei der Herstellung von Pornografie die Teilnahme in der Regel freiwillig sei. Dafür könne bei Videos oder Fotos, auf denen sexuelle Handlungen mit Kindern gezeigt würden, nicht die Rede sein. Auch der Begriff "Missbrauch" sei nicht angebracht - er schließe ein, dass es im Umkehrschluss so etwas wie einen zulässigen Gebrauch von Kindern geben könne. Stattdessen solle der Begriff "sexuelle Gewalt" genutzt werden, weil sexuelle Handlungen mit Kindern nichts anderes seien.
  • Die Polizei hingegen verwendet den Begriff "Kinderpornografie" neben Formulierungen wie "Abbildungen von sexuellem Missbrauch von Kindern" oder "Darstellung von sexueller Gewalt", da der Begriff im Strafgesetzbuch als Tatbestand verankert ist. (Quelle: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes)

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 21.03.2025 | 19:30 Uhr

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