Anwältin fordert Freispruch für Ex-"Hells Angels"-Boss Hanebuth
Im Prozess gegen den früheren Rocker-Boss Frank Hanebuth aus Hannover hat die Verteidigung vor dem Nationalen Staatsgerichtshof in Spanien auf Freispruch plädiert. Die Anklage hatte 13 Jahre Haft gefordert.
Am Freitag ist die mündliche Verhandlung am Gericht bei Madrid abgeschlossen worden. Die Verteidigerin von Hanebuth sagte, dass die Anhörung der Zeugen "keine ernstzunehmenden Beweise für die Anschuldigungen gegen meinen Mandanten erbracht" hätten. Hanebuth selbst wies in einem Schlusswort den Vorwurf der Anklage zurück, dass die "Hells Angels" eine kriminelle Vereinigung seien. Vielmehr seien sie der weltweit einzige Motorclub, der basisdemokratisch aufgestellt sei. Als Präsident einer "Hells Angels"-Gruppe könne man keine Befehle erteilen, dafür bedürfe es eines gemeinsamen Beschlusses der Gruppe.
"Hells Angels": Straftaten am Ballermann?
Die spanische Justiz wirft dem ehemaligen Boss der "Hells Angels" in Hannover unter anderem die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Bedrohung und illegalen Waffenbesitz vor. Neben dem 58-jährigen ehemaligen Chef der inzwischen aufgelösten hannoverschen Ortsgruppe sind vor dem Nationalen Staatsgerichtshof insgesamt 48 weitere mutmaßliche Ex-Mitglieder und Helfer angeklagt. Die Gruppe soll auf Mallorca zwischen 2009 und 2013 als kriminelle Vereinigung tätig gewesen sein und am sogenannten Ballermann zahlreiche schwere Straftaten begangen haben. Den Mitangeklagten Hanebuths wird unter anderem Zuhälterei und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Hanebuth selbst ist in diesem Punkten nicht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft hatte für Hanebuth insgesamt 13 Jahre Haft gefordert. Kurz vor Schluss teilte die Anklage jedoch mit, dass die Strafforderungen wegen der großen Verzögerung verringert werden sollten. Mit einem Urteil wird erst in den kommenden Wochen bis Monaten gerechnet.
Hanebuth für zwei Jahre in U-Haft
Hanebuth war im Sommer 2013 bei einer spektakulären Razzia auf Mallorca zusammen mit mehreren mutmaßlichen Mittätern festgenommen worden. Dort hatte er wie fast alle Mitverdächtigen nach Angaben der Polizei "ein Luxusleben geführt". Hanebuth etwa lebte auf einer Finca in Lloret de Vistalegre im Inselinneren, deren Wert von den Behörden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt wurde. Nach der Festnahme saß er zwei Jahre in Spanien in Untersuchungshaft. Im Sommer 2015 ließ man ihn gegen eine Kaution von 60.000 Euro unter Auflagen frei. Erst 2017 durfte er Spanien dauerhaft verlassen, er kehrte daraufhin nach Deutschland zurück.
"Hells Angels" in Niedersachsen
Das Landeskriminalamt schätzt, dass es mehr als 200 Mitglieder in Ortsgruppen der "Hells Angels" in Niedersachsen gibt. Auch der berüchtigte und 2012 aufgelöste Ortsverein Hannover soll demnach weiterhin bestehen. Lediglich die Schreibweise wurde geändert. Und es gibt einen großen Unterschied zu früher: Die Rocker sind nicht mehr so sichtbar. So gab es 2017 ein "Kuttenverbot" für Rocker wie die "Hells Angels", "Bandidos" und Co. - sie dürfen ihre Embleme nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen. Die Corona-Pandemie hat die Erfassung der Rocker erschwert. Da es weder Ausfahrten noch Treffen und Club-Feiern geben durfte, war die Aufklärung nur eingeschränkt möglich.