VW will zurück in die Zukunft - Jobs bleiben auf der Strecke
Der krisengeschüttelte Autobauer Volkswagen hat am Freitag in Wolfsburg seine Pläne für den bevorstehenden Konzernumbau vorgestellt. Vorstand und Betriebsrat haben sich auf einen Fahrplan für den in den kommenden Jahren anstehenden Kraftakt geeinigt. Weltweit streicht Europas größter Autobauer rund 30.000 Stellen, davon sollen bis zum Jahr 2025 rund 23.000 Stellen in Deutschland abgebaut werden. Allerdings will der Konzern gleichzeitig 9.000 neue Stellen schaffen. In Summe fallen dadurch 14.000 Jobs weg. Der Abbau soll sozialverträglich gestaltet werden, wie VW-Markenvorstand Herbert Diess während der Pressekonferenz in der Firmenzentrale sagte.
Diess: "Bei Produktivität an Boden verloren"
Zugleich haben sich das Unternehmen und der Betriebsrat auf milliardenschwere Investitionen geeinigt, um den Konzern auf Zukunftskurs zu bringen. Markenvorstand Diess betonte: "Dieser Pakt ist für Volkswagen ein großer Schritt nach vorne, sicherlich einer der größten in der Geschichte des Konzerns." Bisher sei Volkswagen nicht gewappnet gewesen für den Wandel, bei der Produktivität habe man an Boden verloren.
Ankündigungen in der Pressekonferenz:
- Der Stellenabbau soll laut Marken-Vorstand Herbert Diess "sozialverträglich und entlang der demografischen Kurve" verlaufen.
- Zugleich sollen "9.000 neue zukunftsträchtige Arbeitsplätze" entstehen.
- Der Konzern will auf Elektromobilität setzen.
- Die deutschen Standorte stehen vor einem umfassenden Umbau.
- Leiharbeitsplätze werden abgebaut.
- Der Konzern will mit weniger Menschen mehr Autos bauen.
- VW will die Kosten bis 2020 um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr drücken.
- Der Konzern will 3,5 Milliarden Euro in Zukunftsfelder investieren.
Stellenabbau trifft Leiharbeiter
Während es bei der Stammbelegschaft laut Konzernführung keine Kündigungen geben soll, geht der geplante Zukunftspakt zulasten der Leiharbeiter. Ihre Jobs sollen demnach langfristig abgebaut werden. Ziel sei es, mit weniger Menschen mehr Autos zu bauen, machte VW-Markenchef Diess deutlich. "Wir werden auch die Mannschaft verkleinern", sagte der Markenvorstand. Im Ausland werde es ebenfalls Einschnitte geben. "In vielen Regionen sind wir zurzeit nicht profitabel."
Milliardenschwere Investitionen
Bis 2020 will Volkswagen die Kosten pro Jahr um 3,7 Milliarden Euro drücken. Gleichzeitig sieht das Unternehmen Investitionen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für zukunftssichere Projekte vor. Unter anderem für den Ausbau der Elektromobilität. Der Abschluss des jetzt vorgestellten Zukunftspakts war die Voraussetzung für den Investitionsplan des Autobauers bis 2021. Der Aufsichtsrat kam am Freitag nach der Pressekonferenz zusammen. Das Gremium soll den Pakt absegnen. Dabei geht es um die Verwendung von rund 100 Milliarden Euro.
Betriebsrat, Vorstand und Ministerpräsident zufrieden
VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh lobte den ausgehandelten Pakt als "Einstieg in eine neue Ära". Auch Volkswagen-Chef Matthias Müller bewertete die Einigung als einen Schritt von immenser Tragweite. "Der Zukunftspakt ist das größte Modernisierungsprogramm in der Geschichte unserer Kernmarke", so Müller. Er ermögliche vor allem einen Transformationsprozess mit Blick auf die Zukunftsthemen Elektromobilität und Digitalisierung. "Uns allen ist bewusst: Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt", sagte er.
Weil: "Schritt für erfolgreiche Zukunft"
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zeigte sich ebenfalls mit der Einigung zufrieden. Sie sei eine klare und konsequente Orientierung hin zur Elektromobilität. Den Arbeitsplatzabbau nannte Weil bedauerlich, aber unausweichlich. Das Programm sei ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Zukunft. Betriebsbedingte Kündigungen seien bis 2025 ausgeschlossen worden. Die Landesregierung lege Wert darauf, dass Volkswagen ausscheidenden Leiharbeitern neue Beschäftigungsperspektiven eröffne, fügte der Ministerpräsident hinzu.
Lies trifft sich mit Zulieferern
Traurig, aber notwendig - so lautete auch die Reaktion von Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) auf den angekündigten Wegfall von Stellen. "Die Marke VW wird und muss sich für die anstehenden Herausforderungen wirtschaftlich besser aufstellen. Nur mit einer ausreichenden Rendite lassen sich die notwendigen Investitionen tätigen", so Lies. Der nun eingeschlagene Weg führe VW in die Zukunft und sichere die Jobs im Land: "VW wird hier in Niedersachsen investieren und auch Tausende Arbeitsplätze neu schaffen, auch dies ist Bestandteil des Zukunftspaktes." Er sei überzeugt, dass VW den Umbau erfolgreich bewältigen werde. Lies will sich in Kürze mit Vertretern der Zulieferindustrie in Niedersachsen treffen, um mit ihnen die Auswirkungen der Pläne zu besprechen.
Metallunternehmen hoffen auf partnerschaftlichen Austausch
NiedersachsenMetall-Chef Volker Schmidt wertet den Zukunftspakt positiv. "Volkswagen stellt sich nun offensiv den immensen Herausforderungen", sagte der Arbeitgebervertreter. Auch die Zulieferunternehmen mit ihren mehr als 100.000 Beschäftigten seien auf Planungssicherheit angewiesen. "Es ist daher gut, dass nun ein Plan vorliegt, der den Weg in diese Zukunft skizziert." Die Unternehmen wünschten sich dringend einen partnerschaftlichen Austausch auf Augenhöhe.
Zukunft der niedersächsischen Standorte gesichert
Die niedersächsischen Standorte bleiben von den massiven Veränderungen nicht ausgeklammert. Betriebsrats-Chef Osterloh sagte dem NDR, dass es für alle Werke zukunftsfähige Projekte geben wird. In Emden soll künftig ein viertes Modell gebaut werden, Braunschweig werde mit der Lenkung ausgelastet, in Salzgitter stehe die Zellfertigung an und Wolfsburg werde zur Hauptstadt der Digitalisierung. Auch am Standort Hannover müssen sich VW-Beschäftigte Osterloh zufolge keine Sorgen machen. Die Einigung für den Standort Hannover-Stöcken müsse nur noch unterschrieben werden.
Osterloh: Durch Abgas-Skandal fehlt VW Geld
Den Umbau bezeichnete Osterloh als "radikalen Schnitt". Die Herausforderungen der Digitalisierung, der Elektromobilität und des autonomen Fahrens wären aber ohnehin auf den Konzern zugekommen. "Für diese Projekte fehlt aber fraglos das Geld, das das Unternehmen für den Abgas-Skandal zurückstellen muss", so der Betriebsrats-Chef.