VW: Weniger Investitionen und Fahrt "auf Sicht"
Es war die erste planmäßige Sitzung des Volkswagen-Aufsichtsrats, die nicht wie gewohnt im Zeichen von Investitionen in Rekordhöhe stand. "In diesem Jahr ist das etwas anderes", sagte Konzernchef Matthias Müller am Freitagmittag in Wolfsburg. Kein Wunder angesichts der hohen Kosten des Abgasskandals. Und so war ein Großteil dessen, was Müller in seinem kurzen Statement ankündigte, schon längst bekannt. Konkret will das Unternehmen für das Jahr 2016 die Sachinvestitionen auf maximal zwölf Milliarden Euro reduzieren. "Das ist eine Milliarde weniger als im Durchschnitt der vergangenen Jahre", sagte Müller - und wiederholte damit, was VW-Markenchef Herbert Diess bereits Mitte Oktober erklärt hatte.
Stammbelegschaft soll gehalten werden
Knapp die Hälfte der Investitionen fließt laut Müller in die deutschen Standorte. Das sei ein Bekenntnis zum Industriestandort Deutschland und zum Heimatmarkt von Volkswagen. Doch nicht nur die Werke, sondern auch deren Belegschaft sollen trotz Krise eine wichtige Rolle spielen: "Gemeinsam mit den Arbeitnehmer-Vertretern werden wir weiterhin alles dafür tun, um die Stammbelegschaft an Bord zu halten", sagte Müller.
Vorsichtige Planung
Wie vorsichtig der krisengeschüttelte Konzern tatsächlich agieren muss, wird an einem anderen, für VW ganz neuen Aspekt der Planung deutlich: Künftig wird nur noch auf ein Jahr im Voraus gerechnet. Wäre es bei dieser Aufsichtsratssitzung eigentlich um die Jahre 2016 bis 2020 gegangen, wird nun erstmals "auf Sicht" gefahren, wie es der Konzernchef sagte. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es noch fast 86 Milliarden Euro, die VW als riesige Investitionssumme für die Jahre 2015 bis 2019 bekannt geben konnte.
100 Millionen mehr für alternative Antriebskonzepte
Investieren muss VW, denn bei den Zukunftsthemen darf der Autobauer nicht den Anschluss verlieren. Müller kündigte am Freitag 100 Millionen mehr für die alternativen Antriebskonzepte an. Auf der anderen Seite muss der Konzern auch Prioritäten setzen: "Was nicht zwingend notwendig ist, wird wie angekündigt gestrichen oder geschoben", sagte er. Davon betroffen sind das geplante Design-Zentrum von VW in Wolfsburg, das "etwas später" gebaut werden soll, sowie die nächste Generation der Limousine Phaeton, die "etwas verschoben" werden soll.
Weil: "VW muss Innovationsführer bleiben"
Das dürfte den Beifall von Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) finden. Auch Weil forderte am Freitag, dass VW trotz Einsparungen "Innovationsführer" bleiben solle. Es sei richtig, die bisherigen Investitionsplanungen auf den Prüfstand zu stellen, sagte er weiter. "Was zur Produktentwicklung nicht notwendig ist, muss verschoben oder gar gestrichen werden." Zugleich aber sei es notwendig, bei der Elektromobilität und Digitalisierung weiter zu investieren. "VW wird nicht an der Zukunft sparen." Der Konzern hat bereits 6,7 Milliarden Euro für den Rückruf von Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten zur Seite gelegt. Wegen falscher CO2-Angaben bei Diesel-Fahrzeugen könnten aber noch weitere zwei Milliarden dazukommen.
Huber und Meine verlassen Aufsichtsrat
Unterdessen kommt Bewegung in die Personalien des Aufsichtsrates: Die beiden IG-Metall-Gewerkschafter Berthold Huber und Hartmut Meine scheiden aus dem Gremium aus. Für sie rücken der neue IG-Metallchef Jörg Hofmann und der Schwede Johan Järvklo, Vorsitzender der dortigen IF Metall, bei der VW-Tochter Scania, nach. Meine (63), Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, und der ehemalige IG-Metallchef Huber (65) geben ihre Mandate aus Altersgründen auf.