VW-Skandal: Lies in Sorge um die Arbeitsplätze
Welche Auswirkungen hat der Skandal um manipulierte Abgaswerte für die Tausenden Arbeitnehmer von Volkswagen? Als Erster hat der niedersächsische Wirtschaftsminister dieses Thema nun angesprochen. "Viel dramatischer ist die Frage 'Gelingt es uns, alle Arbeitsplätze zu sichern?'. Das ist die Kernaufgabe, die wir haben", sagte Olaf Lies (SPD) dem NDR Fernsehen. In Niedersachsen sind rund 100.000 Menschen direkt bei VW beschäftigt - dazu kommen noch viele Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie. Am Freitag gehe es laut Lies neben der Nachfolgefrage vor allem um die Art und Weise der Aufklärung. "Wir werden über die Frage eines zusätzlichen Gremiums außerhalb des Aufsichtsrates reden", so Lies weiter. Es müsse mit weiteren strukturellen und personellen Konsequenzen gezeigt werden, dass Verfehlungen wie bei Volkswagen geahndet würden. "Es ist ein langer Weg, den wir konsequent gehen müssen. Sonst wird es noch schwieriger", sagte Lies.
Zwei Rauswürfe nach dem Rücktritt
Einen Tag nach dem Ende der Ära des VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn müssen offenbar auch Audi-Vorstand Ulrich Hackenberg sowie Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz ihren Hut nehmen. Die Manager sollen die "technische Verantwortung" für die Abgas-Affäre übernehmen. Hackenberg gilt als Intimus des zurückgetretenen Konzernchefs Winterkorn. Unterdessen hat sich VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh in einem Schreiben an die Belegschaft gewandt. In dem Schriftstück fordert er ein Klima, in dem Probleme nicht versteckt, sondern offen kommuniziert werden. "Wir brauchen eine Kultur, in der man mit seinem Vorgesetzten um den besten Weg streiten kann und darf", schreibt er.
Müller macht laut Medienberichten das Rennen
Nach Winterkorns Rücktritt wird naturgemäß weiter eifrig über dessen Nachfolger spekuliert. Der Aufsichtsrat will am Freitag über die Besetzung des Chefpostens beim Wolfsburger Autobauer beraten. Als aussichtsreichster Kandidat gilt Porsche-Vorstand Matthias Müller. Bereits jetzt berichteten mehrere Medien, dass sich das Aufsichtsratspräsidium auf Müller geeinigt hätte. Die Personalie solle dann am Freitag offiziell verkündet werden. Zuvor war auch Herbert Diess, Chef von VW Pkw, als potenzieller Nachfolger gehandelt worden. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, deutete am Mittwoch in der ARD an, dass in der Sitzung am Freitag entschieden wird: "Gehen Sie davon aus, dass wir nach der Sitzung klar machen werden: Wir entscheiden schnell und zügig."
Erst US-Behörden, dann Aufsichtsrat gewarnt?
Derweil werden weitere Details zum Abgasskandal publik, der Winterkorn seinen Job gekostet hat. Laut Nachrichtenmagazin "Spiegel" hat Volkswagen schon am 3. September diesen Jahres die US-Behörden über die Betrugs-Software in Dieselmotoren informiert - den eigenen Aufsichtsrat und die Öffentlichkeit dagegen erst Wochen später. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte in Berlin, dass auch in Europa Fahrzeuge mit 1,6 und 2,0-Liter Dieselmotoren von den Manipulationen betroffen seien. Die Software, die Abgastests verfälscht, ist laut Volkswagen weltweit in elf Millionen Pkw installiert. Generell scheinen Emissionen von Dieselmotoren bisher nicht ausreichend auf dem Prüfstand zu stehen. Wie tagesschau.de berichtet, sind der Bundesregierung offenbar bereits seit Herbst 2014 erhöhte Emissionen bei Diesel-Motoren bekannt. Das belegt ein Briefwechsel mit der EU-Kommission.
Winterkorn übernimmt Verantwortung für Abgas-Skandal
Winterkorn hatte am Mittwoch sein Amt abgegeben. "Mit größter Hochachtung" habe das Präsidium diese Entscheidung zur Kenntnis genommen, sagte Berthold Huber, kommissarischer Aufsichtsratschef, in einer Pressekonferenz in Wolfsburg. Das Präsidium hatte zuvor stundenlang über das weitere Vorgehen im Skandal um manipulierte Abgaswerte beraten. Winterkorn habe keine Kenntnis von der Manipulation gehabt, betonte Huber. Winterkorn selbst äußerte sich nur schriftlich, aber durchaus persönlich: "Volkswagen war, ist und bleibt mein Leben." Zugleich betonte der 68-Jährige, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hatte Winterkorn in der Präsidiumssitzung bis zuletzt um seinen Chefsessel gekämpft.