Urteil: Göttinger Uni-Professor bekommt weniger Geld
Weniger Geld, aber die Stelle und der Beamtenstatus bleiben einem Göttinger Forstwissenschaftler erhalten. Dem Mann wurden zahlreiche Dienstvergehen vorgeworfen. Die Uni zeigt sich vom Urteil überrascht.
Ein Professor der Georg-August-Universität in Göttingen bekommt wegen schwerwiegender Dienstvergehen künftig weniger Geld. Maximal fünf Jahre lang soll er monatlich etwa 2.000 Euro weniger erhalten. "Er wird zurückgestuft von W3 auf W1", so Gerichtssprecherin Esther-Maria Worthmann. Da der Professor zu seinem Grundgehalt noch eine Leistungszulage erhält, werden seine monatlichen Bezüge auf rund 6.600 Euro gekürzt. Der 60-Jährige habe sich nach Ansicht des Gerichts in neun Fällen nachweisbar pflichtwidrig verhalten. Darunter sechs Fälle von sexueller Belästigung. "Obwohl wir nicht erkennen konnten, dass die Motivation sexuell war, sondern dass es im Rahmen eines Machtverhältnisses geschah", sagte die Richterin am Verwaltungsgericht in ihrer Urteilsbegründung am Mittwoch. Seine unbefristete Stelle an der Universität muss der Professor aber nicht räumen, da das Vertrauensverhältnis mit dem Arbeitgeber noch nicht komplett zerstört sei, so das Gericht.
Professor sieht Missgunst und Intrigen an der Fakultät
Der Professor betonte vor Gericht erneut, dass er die Vorwürfe zurückweist. Er zeichnete in seinem Schlusswort ein Bild von Missgunst und Intrigen. Seine Abteilung sei erfolgreich gewesen, mit vielen Projekten und Drittmitteln. Dagegen kritisierte er die Forstfakuktät und behauptete, "die waren leistungsunfähig." Es habe auch Vorurteile gegeben, weil er viele ausländische Studierende beschäftigte. "Wir hatten 15 Nationen, ein internationales Team, aber das wurde mir negativ ausgelegt." Eine "Initiativgruppe" habe versucht, Vorwürfe gegen ihn zu sammeln. Alle Frauen, die nicht Teil dieser Gruppe gewesen seien, hätten "alle Belastungsvorwürfe verneint". Durch die Suspendierung 2017 sei seine Karriere zerstört worden. "Meine Arbeit wurde zerstört und teilweise anderen Abteilungen zugewiesen", so der Professor.
Gericht sieht kein Komplott gegen Professor
Auch einige Zeuginnen hatten im Prozess den Eindruck vermittelt, dass mehrere Personen an der Forstfakultät dem Professor etwas anhängen wollten. Das Gericht machte hingegen deutlich, dass es kein Komplott gegen den Professor sieht. Und dass es die Belastungszeuginnen für glaubhaft hält, weil sie differenziert aus der Erinnerung berichtet hätten. Von 44 Vorwürfen ließen sich nach Ansicht des Gerichts nur neun belegen. Die Richterin betonte, "dass es sich hier um die Spitze des Eisbergs handelt". Das Gericht könne nur von dem ausgehen, was es als nachgewiesen ansieht.
Gericht hofft auf Einsicht des Professors
Bei dem Urteil habe das Gericht auch "die Uneinsichtigkeit des Beklagten berücksichtigt". Er habe versucht, glaubwürdige Zeugenaussagen zu relativieren und sei nicht darauf eingegangen, was Zeuginnen gesagt haben. Gleichzeitig hofft das Gericht, dass der Professor sein Verhalten noch verändern kann - also jetzt doch Einsicht zeigt. Die Universität Göttingen zeigte sich sehr überrascht von dem Urteil. "Nach wie vor ist es die Überzeugung der Universität, dass sehr gravierende Verstöße gegen Dienstpflichten eindeutig belegt sind, die eine Entfernung aus dem Amt rechtfertigen", heißt es in einer Mitteilung.
Haus- und Dienstverbot könnte aufgehoben werden
Wenn es nach dem Verwaltungsgericht geht, könnte das 2017 von der Universität erteilte und vom Gericht bestätigte Hausverbot und das Verbot der Dienstgeschäfte für den Professor bald aufgehoben werden. Dass der 60-Jährige dann wieder den Campus betreten und seine Tätigkeiten ausüben darf, ist aber nicht das Ziel der Universität Göttingen. Sie hat bereits kurz nach dem Urteil angekündigt in Berufung gehen zu wollen.