Wegen Schöffin: Prozess gegen "Maddie"-Verdächtigen vertagt
In Braunschweig hat der Prozess gegen den auch im Fall "Maddie" unter Verdacht stehenden Christian B. begonnen. Er soll mehrere Frauen vergewaltigt und Mädchen missbraucht haben.
Direkt zu Beginn des Prozesses stellte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen eine Schöffin. Der Verteidiger zweifelt an der Eignung der Frau: In sozialen Medien hatte sie 2019 einen Aufruf zum Mord an dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro verbreitet. Der entsprechende Post liegt NDR Niedersachsen vor. Die Staatsanwältin schloss sich nach Beratung dem Befangenheitsantrag an. "Die Äußerungen stehen außerhalb unserer Rechtsordnung", so Oberstaatsanwältin Ute Lindemann. Ein Strafverfahren gegen die Schöffin werde geprüft. Der Prozess wurde auf kommenden Freitag vertagt. Dann will das Gericht seine Entscheidung bezüglich des Befangenenantrags verkünden. Auch könnte an dem Tag die mehr als 100-seitige Anklageschrift verlesen werden.
B. soll Frauen mit Peitsche geschlagen haben
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig wirft dem 47-jährigen Christian B. zwei Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und drei Fälle schwerer Vergewaltigung vor. Eine zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alte Frau aus Irland soll er in ihrem Appartement vergewaltigt und die Tat mit einer Videokamera gefilmt haben. Gleiches gilt für die mutmaßliche Vergewaltigung einer 70 bis 80 Jahre alten Frau, die B. zuvor in ihrem Schlafzimmer überrascht haben soll. In beiden Fällen soll er die Frauen gefesselt und mit einer Peitsche geschlagen haben. Der Angeklagte soll auch eine deutschsprachige Jugendliche in einem Wohnzimmer an einen Holzpfahl gefesselt, geschlagen und zum Oralverkehr gezwungen haben.
Verteidiger von Christian B. strebt Freispruch an
Außerdem wird B. vorgeworfen, an einem Strand eine Zehnjährige am Handgelenk gepackt und vor ihr masturbiert zu haben. Eine ähnliche Tat verübte B. laut Anklage vor einer Elfjährigen. Die Taten haben sich laut Anklage zwischen Ende Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal ereignet. Der Verteidiger des 47-Jährigen strebt einen Freispruch an.
Prozessauftakt verzögert sich
Der Prozess stößt auf großes Interesse. Der Fall der damals 20-Jährigen Irin ist immer wieder Thema in britischen und irischen Medien. Auch der Fall "Maddie" hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt, wird in Braunschweig allerdings nicht verhandelt. Zum Prozessbeginn am Freitag war der Andrang vor dem Landgericht so groß, dass sich der Auftakt verzögerte. Vor dem Gebäude hatten sich lange Schlangen gebildet. Besucherinnen und Besucher mussten sich aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen unterziehen.
Gericht hatte Zuständigkeit von sich gewiesen
Für den Prozess in Braunschweig sind 29 Verhandlungstermine angesetzt. Ein Urteil könnte Ende Juni fallen. Das Landgericht hatte sich zunächst in dem Fall für nicht zuständig erklärt. Die Staatsanwaltschaft argumentierte jedoch, dass Christian B. vor seinem Auslandsaufenthalt seinen letzten Wohnsitz in Braunschweig gehabt habe. Zu diesem Schluss kam auch das Braunschweiger Oberlandesgericht nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft. Deshalb wird der Fall nun doch dort verhandelt.
Maddie McCann: Ermittler gehen von ihrem Tod aus
Im Fall "Maddie" gehen die Ermittlungen derweil weiter. Im Mai 2007 war die damals drei Jahre alte Britin Madeleine McCann in Portugal aus einer Ferienanlage verschwunden. Die Braunschweiger Ermittler sind davon überzeugt, dass der wegen Sexualdelikten vorbestrafte Christian B. das Mädchen seinerzeit entführt und getötet hat. Eine Leiche wurde aber bisher nicht gefunden.
Christian B. bereits wegen Vergewaltigung verurteilt
Derzeit sitzt Christian B. noch eine siebenjährige Haftstrafe für die Vergewaltigung einer US-Amerikanerin im Jahr 2005 ab, die er im portugiesischen Praia da Luz beging. Die Haftstrafe wäre nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft im September 2025 voll verbüßt.