Junge Menschen und der Holocaust: "Das Interesse ist da"
Laut einer Umfrage wissen junge Menschen wenig über den Holocaust. Stefan Wilbricht sieht das differenzierter. Er ist Leiter der KZ-Gedenkstätte Moringen, die sich auch an diese Zielgruppe richtet.
"Die Studie ist erschreckend, das stimmt", sagt aber auch Wilbricht. Der Untersuchung der Jewisch Claims Conference zufolge wissen 40 Prozent der 18- bis 29-Jährigen in Deutschland nicht, dass die Nazis sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet haben. 15 Prozent gingen sogar von weniger als zwei Millionen Opfer aus, teilte die jüdische Organisation nach ihrer Umfrage in mehreren europäischen Ländern mit. "Das sind Zahlen, die uns nachdenklich stimmen", sagt der Leiter der Gedenkstätte im Landkreis Northeim.
Moringen: Besucherzahlen in Rekordhöhe
Trotzdem: "Das Interesse ist da", sagt Stefan Wilbricht. Die von ihm geleitete Gedenkstätte richtet sich auch an junge Menschen. Im Moringer Jugend-Konzentrationslager mussten unter anderem Verweigerer des Dienstes in der Hitlerjugend, Homosexuelle und Kinder oppositioneller Eltern Zwangsarbeit leisten. Heute klärt die Gedenkstätte mit Führungen und Workshops darüber auf. Dabei erlebt sie laut Wilbricht immer mehr Zulauf. "Wir haben Besucherhöchststände", sagt er - und betont, dass es in anderen Gedenkstätten ähnlich sei.
"Zu wenig Aufklärung in den sozialen Medien"
Große Defizite sieht Wilbricht hingegen bei der Aufklärung in sozialen Medien. Dort seien Gedenkstätten zwar durchaus aktiv, sie rängen aber unter anderem mit intransparenten Algorithmen. Auch sei es schwer, für ihre mitunter harten Themen Aufmerksamkeit zu erzeugen. Gebraucht werde dafür mehr Personal. Gedenkstätten seien nicht entsprechend ausgestattet, so Wilbricht. Ein Nachteil, denn: Anders sei das bei Akteuren, die in sozialen Medien Zweifel am Holocaust schüren. Die seien erfolgreich, "weil sie ganz gezielt Ressourcen dort investieren", sagt der Gedenkstättenleiter.