Gericht entscheidet: Stadt darf zu hohen Neubau abreißen lassen
Die Stadt Göttingen darf ein Mehrfamilienhaus abreißen lassen, weil es 1,26 Meter zu hoch gebaut wurde. Dagegen wehrte sich eine Immobilienfirma vergebens - eine Klage wies das Verwaltungsgericht ab.
Die Immobiliengesellschaft habe das Haus vorsätzlich rechtswidrig gebaut und sich über die Vorschriften hinweggesetzt, begründete das Gericht die Entscheidung am vergangenen Freitag. Die Stadt signalisierte daraufhin, weiter offen für Vorschläge des Bauherren zu sein - sofern sie der Bauvorschrift entsprächen. Die Immobilienfirma sagte dem NDR Niedersachsen widerum, dass sie bereits Vorschläge unterbreitet habe, jedoch ohne Erfolg. Ihr Ziel sei es, einen Kompromiss zu finden. Die Baustelle stehe seit zehn Jahren still. Inzwischen müssten Teile ausgewechselt werden, das Mauerwerk habe aber keinen Schaden genommen.
Immobiliengesellschaft scheitert mit zwei Klagen
Für die Immobiliengesellschaft, die das Mehrfamilienhaus in Göttingen gebaut hat, ist es bereits die zweite gescheiterte Klage vor Gericht. Bereits vor mehr als zehn Jahren hatte die Firma bei der Stadt beantragt, das Gebäude im Göttinger Kiessee-Karree einen halben Meter höher als eigentlich zulässig bauen zu dürfen. Der Bebauungsplan für das Kiessee-Karree schreibt vor, dass die sogenannte Traufhöhe, also der Punkt, an dem Fassade und Dach aufeinandertreffen, bei zweigeschossigen Häusern höchstens 6,5 Meter hoch sein darf. Die Stadt genehmigte den Antrag der Firma 2013. Als der Rohbau aber später nachgemessen wurde, stellte sich heraus, dass das Gebäude bis zur Dachkante 7,76 Meter und nicht die genehmigten 7 Meter hoch ist. Die Firma beantragte daraufhin nochmals eine Abweichung von der Bauvorschrift für eine Traufhöhe von 7,6 Metern. Die Stadt lehnte diesen Antrag jedoch ab. Die Immobilienfirma reichte dagegen Klage ein, auch diese wurde vom Verwaltungsgericht Göttingen damals abgelehnt.
Fehlende Genehmigung: Baubehörde darf einschreiten
Die Stadt Göttingen hatte daraufhin im März 2016 angeordnet, dass das Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen abgerissen werden muss. Und das innerhalb von fünf Monaten, sonst werde ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro fällig. Die Immobiliengesellschaft hielt einen Abriss für unverhältnismäßig und ging erneut mit einer Klage gegen die Bauaufsichtsverfügung der Stadt vor. Dabei argumentierte die Firma, es würde ausreichen, das Dach und das Obergeschoss umzugestalten. Laut Verwaltungsgericht hat die Immobiliengesellschaft jedoch keine Alternative dieser Art vorgelegt, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätte.
Baugrenzen bei Neubau wurden bei weiterem Fall nicht eingehalten
In einem ähnlichen Fall aus dem Jahr 2023 konnten die Eigentümer den Abriss ihres neu gebauten Einfamilienhauses mit einer "sehr ungewöhnlichen Aktion" verhindern, wie der Anwalt des Eigentümer-Ehepaares dem NDR Niedersachsen sagte. Bei dem Wohnhaus waren die Baugrenzen nicht eingehalten worden: Das Haus und eine Doppelgarage waren fünf Meter auf das rückwärtige Grundstück versetzt. Terrassen, ein Grillplatz und ein Poolhaus gingen zudem über die vorgeschriebene Linie rund 25 Meter hinaus, wie aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg von 2024 hervorgeht. Eine Spezialfirma hatte daraufhin nach Angaben des Anwalts den gesamten Neubau, der auf einer Bodenplatte steht, um fünf Meter hydraulisch verschoben. Dadurch sei das Gebäude auf die vorgeschriebene Fläche platziert worden. Die Doppelgarage und das Poolhaus seien jedoch abgerissen worden, so der Anwalt.
