IG Metall ruft für Montag zu Warnstreiks bei Volkswagen auf

Stand: 01.12.2024 13:17 Uhr

Die Gewerkschaft IG Metall ruft zu flächendeckenden Warnstreiks bei VW auf - am Montag geht es los. Die Friedenspflicht war in der Nacht zu Sonntag abgelaufen. VW hatte zuvor den "Zukunftsplan" der Arbeitnehmerseite abgelehnt.

"Am Montag werden in allen Werken Warnstreiks beginnen", kündigte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger am Sonntag an. "Wenn nötig, wird das der härteste Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat", so Gröger. Details nannte er zunächst nicht. Die Friedenspflicht, in der Streiks nicht erlaubt sind, war um Mitternacht ausgelaufen. Am Samstag hatte die Gewerkschaft in Wolfsburg die Beschäftigen mit einer Demo auf den Ausstand eingestimmt. Hunderte IG-Metallerinnen und -Metaller hatten sich am Gewerkschaftshaus in Sichtweite des Volkswagen-Stammwerks eingefunden.

VW will "Notversorgung sicherstellen"

Volkswagen reagierte am Sonntag auf die Streikankündigung. Man wolle die Auswirkungen des Warnstreiks auf Kundinnen und Kunden, Partner sowie Industrieanlagen "so gering wie möglich halten". "Deswegen hat das Unternehmen bereits im Vorfeld gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen", heißt es in einer Stellungnahme. Das Unternehmen respektiere das Recht der Beschäftigten, an einem Warnstreik teilzunehmen und setze weiter auf einen konstruktiven Dialog.

Warnstreik zeichnete sich bereits ab

Ein Teilnehmer der Kundgebung der IG Metall hält eine Glocke in den Händen, mit der demonstrativ die Friedenspflicht ausgeläutet wird. © dpa Foto: Michael Matthey
Gewerkschafter beim Ausläuten der Friedenspflicht in Wolfsburg: Nun soll gestreikt werden.

Gröger hatte sich bereits am Samstagabend in Wolfsburg kämpferisch gezeigt. Er sagte, die Friedenspflicht auszuläuten sei zwingend nötig, denn VW habe sich in den Verhandlungen an den entscheidenden Punkten überhaupt nicht bewegt. Der Konzern halte eisern an den angekündigten Einschnitten fest. Die Konzepte der Gewerkschaft, wie diese zu vermeiden wären, würden die Adressaten nicht interessieren. Warnstreiks seien jetzt das einzige Mittel, um Druck auf die Konzernspitze auszuüben. Es sind die ersten flächendeckenden Warnstreiks bei VW seit 2018. "Der Frust in der Belegschaft ist groß", sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Mit den Warnstreiks gebe es nun ein Ventil, "um Dampf abzulassen". Sie rechne mit großem Zuspruch, wenn die ersten Aktionen anstehen.

"Zukunftsplan" sollte 1,5 Milliarden Euro einsparen

IG Metall und Betriebsrat hatten vergangene Woche einen eigenen Plan für die Zukunft von Volkswagen präsentiert. Dem Konzern stellten sie dabei eine Kostenentlastung von 1,5 Milliarden Euro in Aussicht. Dafür will die Gewerkschaft eine mögliche Tariferhöhung in einen Zukunftsfonds einbringen und vorerst nicht auszahlen. Im Gegenzug sollte VW auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten.

Streichung von Manager-Boni rechtlich nicht umsetzbar?

Am Freitag hatte der VW-Konzern diesen sogenannten "Zukunftsplan" der Arbeitnehmerseite abgelehnt. "Zwar können sich kurzfristig auch positive Effekte ergeben, jedoch führen die genannten Maßnahmen überwiegend zu keiner finanziellen nachhaltigen Entlastung des Unternehmens in den kommenden Jahren", teilte VW mit. Die Vorschläge der Arbeitnehmerseite seien zum Teil rechtlich nicht umsetzbar. Das gelte etwa für die vorgeschlagene Streichung der Boni für Manager. Man wolle aber mit der Arbeitnehmerseite im Dialog bleiben, "um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten". Nach dem Scheitern der dritten Tarifrunde war für den 9. Dezember ein neuer Termin für die Fortsetzung der Verhandlungen angesetzt worden.

IG Metall: Vorschlag "hart an der Grenze des Zumutbaren"

Ein Sprecher der IG Metall nannte die Ablehnung in einer Stellungnahme "bedauerlich". Das Konzept entspreche "sehr wohl einer Entlastung in der bezifferten Höhe". Man sei "hart an der Grenze des Zumutbaren für die Beschäftigten" einen riesigen Schritt auf die Arbeitgeberseite Volkswagens zugegangen. "Scheinbar fruchten stundenlange Excel-Präsentationen und eine valide Datenbasis beim Volkswagen-Vorstand nicht", heißt es in der Mitteilung, die die IG Metall am Freitag veröffentlichte.

VW will Lohn der Beschäftigten einkürzen

Der Wolfsburger Autobauer steckt tief in der Krise und will bei den Arbeitskosten entlasten, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Der Konzern fordert deswegen unter anderem einen Lohnverzicht der Beschäftigten von zehn Prozent sowie den Wegfall von Sonderzahlungen. VW-Markenchef Thomas Schäfer hatte jüngst davon gesprochen, die Kapazitäten an die "neuen Realitäten" anzupassen. An Kündigungen und Werksschließungen führe kein Weg vorbei.

In Indien droht eine Milliardenstrafe

Am Freitag wurde unterdessen bekannt, dass Volkswagen in Indien eine Strafzahlung von bis zu 2,8 Milliarden Dollar droht. Das Unternehmen soll seit 2012 insgesamt knapp 1,4 Milliarden Dollar zu wenig an Einfuhrzöllen gezahlt haben, heißt es in einem 95-seitigen Dokument der indischen Zollbehörden. Im Kern geht es um die Frage, ob VW in Indien ganze Bausätze importiert, die dann vor Ort endmontiert werden. Diese Praxis wird in der Branche als "Completely Knocked Down"-Produktion (CKD) bezeichnet. Nach den indischen Vorschriften fällt in diesem Fall ein Zollsatz von 30 bis 35 Prozent an. Für einzelne Autoteile dagegen liegt der Zollsatz zwischen 5 und 15 Prozent. Die indischen Behörden vermuten, dass Volkswagen die Importe bewusst wegen der Zollersparnis als Einzelteile deklariert, aber als CKD verwendet habe.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 01.12.2024 | 16:00 Uhr

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