Mutmaßlicher Femizid in Göttingen: Angeklagter bestreitet Tat
Im Mai dieses Jahres soll ein 40-jähriger Mann seine Ehefrau vor den Augen der eigenen Kinder mit 23 Messerstichen getötet haben. Am Dienstag hat der Prozess am Landgericht Göttingen begonnen.
Zum Auftakt hat der Angeklagte die Tat bestritten. Über einen Dolmetscher erklärte er, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien "falsch und nicht korrekt". Er fühle sich unterdrückt und diskriminiert, so der Angeklagte, der aus Syrien stammt. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für den mutmaßlichen Täter und klagt ihn wegen Mordes an.
Angeklagter soll Messer am Vortag geschliffen haben
Die Staatsanwaltschaft schilderte detailliert den Tathergang: Demnach sollen der Angeklagte und seine 34-jährige Ehefrau am Abend vor der Tat gemeinsam im Wohnzimmer Tee getrunken und ferngesehen haben. Nachdem es anschließend zum Geschlechtsverkehr kam, habe der Angeklagte gegen drei Uhr morgens ein am Vortag geschärftes Messer aus der Küche geholt und seine wehrlose, unbekleidete Frau mit mindestens 23 Stichen getötet. Aufgrund der Wehrlosigkeit des Opfers sieht die Staatsanwaltschaft das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt an. Über das Tatmotiv wurde bislang nichts bekannt.
Mutter vor Augen der Kinder erstochen
Am ersten Prozesstag sagten mehrere Polizeibeamte aus. Der Angeklagte selbst sowie eines der vier Kinder hatten demnach selbst die Polizei gerufen. Die Kinder im Alter von zwei und 16 Jahren seien durch die Schreie ihrer Mutter geweckt worden und mussten die Tat teils mit ansehen. Der Angeklagte wurde am Tatort festgenommen. Die Kinder wurden zunächst in die Obhut der Stadt Göttingen genommen und leben nun bei einer Verwandten in Norddeutschland, wie eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage erklärte.
Ehemann war wegen häuslicher Gewalt polizeibekannt
Das Paar habe getrennt voneinander gelebt. Das Amtsgericht Schwarzenbek in Schleswig-Holstein hatte dem Mann im August 2023 das Sorgerecht für seine Kinder entzogen und der Mutter zugesprochen. Wegen häuslicher Gewalt und Körperverletzung war der Angeklagte bereits polizeibekannt. Es habe Ermittlungen gegeben, die aber offiziell eingestellt wurden.
Gedenken an Opfer von Femizid
Frauenorganisationen aus Göttingen bezeichnen die Tat als Femizid. Das Netzwerk gegen Femizide Göttingen hat zum Prozessauftakt zu einer Mahnwache heute ab 9 Uhr am Landgericht aufgerufen. Bereits im Mai hatte das Göttinger Bündnis gegen Femizide, der Frauennotruf und das Göttinger Frauenhaus eine Kundgebung und eine Gedenkveranstaltung organisiert. Die Gruppen riefen außerdem zu Spenden auf, die den Kindern der Getöteten zugutekommen sollen.