VIDEO: VW-Betriebsratschefin Cavallo: "Wir werden das nicht zulassen" (1 Min)

Werksschließungen und Entlassungen? Sorge um Jobs in VW-Werken

Stand: 03.09.2024 14:30 Uhr

Nachdem VW erstmals Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließt, bangen die Werke in Niedersachsen um Arbeitsplätze. Betriebsrat und IG Metall haben Widerstand gegen die Sparpläne angekündigt.

"Natürlich machen wir uns alle Sorgen", sagte der Betriebsratschef des VW-Werks in Osnabrück, Jürgen Placke, dem NDR Niedersachsen mit Blick auf die rund 2.300 Beschäftigten des Standorts. Stephan Soldanski von der IG Metall Osnabrück erklärte, man setze weiterhin auf die Zusage von VW für den Bau von 10.000 elektrischen Porsche ab 2025. Außerdem werde das T-Roc-Cabrio weitergebaut. Die stark schwankende Auslastung des Werks hatte bereits in der Vergangenheit für Sorgen unter den Beschäftigten gesorgt. Laut "Automobilwoche" war der Standort Osnabrück im vergangenen Jahr am wenigsten ausgelastet.

Hannover: Bekenntnis zum Automobilstandort gefordert

Auch bei den Beschäftigten und Gewerkschaften am Standort Hannover ist die Sorge groß. 22 Betriebsräte aus der Automobilwirtschaft wandten sich am Dienstag gemeinsam mit den Gewerkschaften IG Metall und IG BCE mit einem Appell an die Kommunalpolitik: "Hannover muss automobiler Industriestandort bleiben", heißt es darin. Sie fordern Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) und Regionspräsident Steffen Krach (SPD) dazu auf, sich klar zum Automobilstandort zu bekennen und dementsprechend zu handeln. Regionspräsident Krach kündigte in einem Statement an, die Region Hannover wolle ihren Beitrag leisten, um verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Was das genau heißt, ließ er aber offen. Oberbürgermeister Onay hat sich bislang nicht geäußert.

Emdens Oberbürgermeister: "Ganzer Region droht Wohlstandsverlust"

Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff (parteilos) teilte mit, er glaube nicht, dass das Emder Werk geschlossen werde. Schließlich habe VW das Werk gerade erst für 1,3 Milliarden Euro in ein reines Elektroautowerk umgebaut. Laut Betriebsrat Manfred Wulff hat die Produktion in Emden durch den ID7 deutlich angezogen. 750 bis 800 Autos würden dort pro Tag gebaut. Die Auftragsbücher seien voll, auch für das nächste Jahr. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Ostfriesland-Papenburg, Max-Martin Deinhard, erklärte: "Uns macht Hoffnung, dass das Emder Werk voll auf E-Autos und damit erneuerbare Energie setzt". Bürgermeister Kruithoff fürchtet trotzdem, dass Arbeitsplätze verloren gehen. "Deutschland steckt in einer tiefen Wirtschafts- und Industriekrise", sagte der Bürgermeister. Das sehe man auch in der Region: "Erst Enercon, dann die Meyer-Werft, jetzt VW. Da droht einer ganzen Region Wohlstandsverlust."

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VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo © Screenshot
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VW schließt Werksschließungen in Deutschland nicht mehr aus

Außerdem will VW die bisherige Jobgarantie bis 2029 abschaffen. Dazu VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo. (02.09.2024) 4 Min

Kornblum: "Schließung des Werkes Braunschweig darf es nicht geben"

Für Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) darf es keine Schließung des Werkes Braunschweig geben. "Wir werden für unser Werk und die Arbeitsplätze kämpfen", sagte er gegenüber NDR Niedersachsen. Um die Folgen für die in Braunschweig ansässigen Unternehmen und Arbeitsplätze einschätzen zu können, werde die Stadt umgehend den Kontakt zu VW suchen - auch um die Folgen für die Stadt und die Region bewerten zu können. Wolfsburgs Oberbürgermeister Dennis Weilmann (CDU) sagte, dass die Stadt Wolfsburg den von VW eingeschlagenen Weg "bestmöglich" begleiten werde. Es müssten nun die richtigen Entscheidungen für VW und vor allem für den Standort Wolfsburg getroffen werden, so Weilmann.

Karte: VW-Werke in Deutschland

VW-Chef Schäfer: "Die Lage ist äußerst angespannt"

Nach Angaben des VW-Betriebsrats hält der Markenvorstand mindestens ein Fahrzeugwerk und eine Komponentenfabrik in Deutschland für entbehrlich. Welches Werk und wie viele der rund 120.000 Stellen in Deutschland auf der Kippe stehen könnten, teilte Volkswagen am Montag nicht mit. VW kündigte zudem an, die bis 2029 vereinbarte Jobgarantie aufkündigen zu wollen. Der bisher geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen reiche nicht mehr aus, um die gesetzten Einsparziele zu erreichen. Die Lage sei "äußerst angespannt" und durch "einfache Sparmaßnahmen" nicht mehr zu lösen, erklärte VW-Chef Thomas Schäfer am Montag in einem Schreiben an die Belegschaft. Voraussichtlich ab dem kommenden Jahr wären betriebsbedingte Kündigungen möglich. Bereits Anfang August hatte Schäfer bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz gesagt, die Fixkosten müssten weiter gesenkt werden, "um in diesem schwierigen Marktumfeld nachhaltig auf Kurs zu bleiben". Eine konkrete Summe nannte er nicht. Das "Handelsblatt" berichtet, bei den geplanten Ergebnisverbesserungen gebe es derzeit eine Lücke von zwei bis drei Milliarden Euro.

Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen © Julian Stratenschulte/dpa Foto: Julian Stratenschulte/dpa
AUDIO: IG Metall: "Am Garant des Erfolges von VW wird gerüttelt" (7 Min)

IG Metall: "Werden Protest zum Ausdruck bringen"

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo kündigte am Montag "massiven Widerstand" gegen die Sparpläne von VW an. Unter ihrer Leitung werde es keine Standortschließungen geben. Zudem wolle sie die bereits seit 1994 bestehende Jobgarantie retten, sagte Cavallo dem NDR Niedersachsen am Montag. Sie mache sich bereit auf zähe Verhandlungen. Es gehe nicht nur um Tarifverträge, sondern auch um strategische Fragen in Bezug auf die künftige Ausrichtung des Unternehmens. Die Gewerkschaft IG Metall kritisierte die Ankündigung des VW-Vorstands als "unverantwortlichen Plan". IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger forderte in einer Mitteilung, eine nachhaltige Strategie zu entwickeln, die Volkswagen langfristig wettbewerbsfähig macht und Arbeitsplätze sichert. Über Jahrzehnte sei der Garant des Erfolgs von Volkswagen gewesen, Probleme gemeinsam mit den Beschäftigten zu lösen, sagte Gröger am Dienstag NDR Info. "Und zwar unter Ausschluss von Standortschließungen und von betriebsbedingten Kündigungen", betonte er. Dass dieses Commitment jetzt aufgekündigt werde, rüttele an den Grundfesten der Zusammenarbeit bei Volkswagen. "Wir werden unseren Protest zum Ausdruck bringen", kündigte Gröger an.

Weil: "Frage der Schließung von Standorten darf sich nicht stellen"

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich am Montag zu den Ankündigungen von VW. Er erwarte, dass sich "die Frage einer Schließung von Standorten" nicht stellt. Es müssten Alternativen genutzt werden. Das Land werde sich aktiv und konstruktiv an den nun folgenden Gesprächen beteiligen, so Weil, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt. Der Fokus liege dabei in besonderem Maße auf den Perspektiven der niedersächsischen Standorte und der dortigen Arbeitsplätze. Der Vorstand sowie der Betriebsrat und die Gewerkschaft müssten jetzt "sehr zügig in vertrauensvolle und ergebnisorientierte Verhandlungen eintreten", so Weil.

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Hallo Niedersachsen | 02.09.2024 | 19:30 Uhr

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