Kreuz vor einem Kirchenfenster © photocase.de Foto: claudiarndt

Warum mehr Menschen in Niedersachsen Kirchenasyl suchen

Stand: 11.12.2023 19:13 Uhr

Sowohl in evangelischen als auch in katholischen Gemeinden ist die Zahl der Menschen, die Asyl in der Kirche suchen, gestiegen. Dafür gibt es mehrere Gründe.

von Svenja Nanninga

Es ist für viele Geflüchtete der letzte Lichtblick vor einer Abschiebung: das Kirchenasyl. Waren es 2022 noch 43 Menschen, die in der Kirche Schutz suchten, sind es in diesem Jahr bis Anfang Dezember bereits 88 Menschen gewesen. Das teilte die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers mit. Das niedersächsische Innenministerium bestätigt diese Zahlen nicht. Dem Ministerium seien in diesem Jahr nur 13 Menschen im Kirchenasyl gemeldet worden. Die Kirchengemeinden sind allerdings nicht verpflichtet, dem Innenministerium direkt alle Fälle mitzuteilen. Sie müssen sich nur bei der zuständigen Kommunalverwaltung melden.

AUDIO: 40 Jahre Kirchenasyl - Ein Fall aus Sinsheim (30.08.2023) (4 Min)

Strengere Abschiebepolitik und das Netzwerk "Asyl in der Kirche"

Laut der evangelischen Kirche in Niedersachsen gibt es zwei Gründe für den Anstieg. Einerseits verfolge die Regierung eine rigidere Abschiebepolitik als in den vergangenen Jahren. Andererseits stelle das neu gegründete Netzwerk "Asyl in der Kirche" den Kontakt zwischen evangelischen und katholischen Gemeinden sowie Geflüchteten her. Für jeden Fall müssen die Gemeinden dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in einem Dossier schildern, warum die Menschen besonderen Schutz brauchen. Erkennt die Behörde den Härtefall nicht an, müssen die Betroffenen die Räume der Kirche innerhalb von drei Tagen verlassen. Dank der Vernetzung der Gemeinden können Plätze seit einiger Zeit schnell neu besetzt werden.

Was ist Kirchenasyl?

Kirchen können Geflüchtete, denen im Fall einer Abschiebung Verletzungen ihrer Menschenrechte oder sogar der Tod drohen, zeitlich begrenzt in ihren Räumen aufnehmen. In diesem Zeitraum können sich die Betroffenen rechtlich beraten lassen. In einigen Fällen beginnt ein neues Verfahren zur Prüfung der Aufenthaltsrechte. Oft drohe am Ende aber doch die Abschiebung, so der Flüchtlingsrat Niedersachsen.

Ein informelles Abkommen aus christlicher Tradition

Seit dem frühen Mittelalter konnten Geflüchtete Schutz in kirchlichen Gebäuden finden - bis ins 16. Jahrhundert hinein. Mit der Aufklärung und dem Zurückdrängen der kirchlichen Macht wurde das Kirchenasyl immer stärker eingeschränkt. Erst seit den 1980er-Jahren hat sich in Deutschland ein neues Kirchenasyl für Menschen herausgebildet, die abgeschoben werden sollen. Rechtlich festgeschrieben ist das Kirchenasyl aber nicht. Laut Innenministerium ist es nur ein informelles Abkommen, das wegen einer christlich-humanitären Tradition toleriert werde.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 11.12.2023 | 12:00 Uhr

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