Sommer 2024: Wieder mehr Schmetterlinge in Niedersachsen
Noch im vergangenen Jahr sprachen NABU-Experten von "besorgniserregend" wenigen Faltersichtungen in Niedersachsen. Im Sommer 2024 wurden nun wieder mehr Schmetterlinge gesichtet.
Die Zahl der Schmetterlinge und die ihrer Arten nimmt in Niedersachsen laut NABU seit Jahren insgesamt stark ab. Zu den Gründen zählen demnach steigende Temperaturen und zunehmende Extremwetterereignisse durch den Klimawandel, aber auch immer weniger passende Lebensräume. Doch laut Schmetterlingsexperte Carsten Heinecke vom NABU Niedersachsen werden in diesem Jahr seit Langem wieder mehr Tiere gesichtet.
Bananen mit Zucker und Rotwein für die Schmetterlinge
"Ich habe überreife Bananen mit Zucker und einem Schuss Rotwein vermengt. Das lieben sie", erzählt Wolfgang Rozicki, während er die klebrige Mischung an die Rinde einer Eiche pinselt. Der Hobby-Schmetterlingskundler aus Sassenburg im Landkreis Gifhorn will damit Falter anlocken, sie bestimmen und zählen. Viel Zeit vergeht nicht, bis der erste Admiral - ein dunkler Tagfalter mit rot-weißem Muster, auf der Flügeloberseite - an der Zuckerbar Halt macht. Noch im vergangenen Jahr musste Rozicki auf diesen Moment deutlich länger warten, oft sogar vergeblich. Heute beobachtet er wieder mehr Schmetterlinge - und das nicht nur im östlichen Niedersachsen.
Regen zum Jahresbeginn brachte gute Voraussetzungen
Verantwortlich dafür ist auch das Wetter, vermutet der Schmetterlingskundler: "Durch die hohen Niederschläge zu Beginn des Jahres ist die Vegetation schneller aus den Startlöchern gekommen. Den Schmetterlingsraupen standen kräftige Pflanzen zur Verfügung - genau rechtzeitig, damit sie sich erfolgreich entwickeln konnten." Da kam auch dem Admiral zugute. Noch vor wenigen Jahrzehnten wanderte der Falter laut Rozicki im Sommer aus südlicheren Gefilden nach Niedersachsen, heute überwintere er hier. Die milden Winter machten es ihm möglich. Er gehöre zu den Gewinnern des Klimawandels.
Klimawandel: Die einen profitieren, die anderen verschwinden
Ähnlich ist es laut Rozicki beim Karstweißling aus dem Mittelmeerraum - er werde seit 2016 in Niedersachsen gesichtet - und beim Eichenprozessionsspinner, der sich in den vergangenen fünf Jahren vom Wendland bis nach Westniedersachsen ausgebreitet habe. Immer seltener hingegen sichten Schmetterlingsfans demnach den Kleinen Fuchs, der niedrigere Temperaturen benötigt: "Ihm wird es hier zu warm", so Rozicki. Einen Artenrückgang sehen Experten auch durch den Verlust von Lebensräumen: "Stark spezialisierte Arten in Moorgebieten kommen oft nur noch in einem kleinen Restmoor vor. Und wenn sich die Verhältnisse dort verschlechtern und das Moor austrocknet, stirbt die Population aus. Schmetterlinge sind nicht in der Lage, 50 Kilometer weit zu fliegen und zu hoffen, dort für sie passende Bedingungen zu finden", erklärt Schmetterlingsexperte Heinecke.
Schmetterlinge brauchen naturnahe Lebensräume
So unterschiedlich die einzelnen niedersächsischen Regionen sind, so unterschiedlich seien die heimischen Schmetterlinge, so Heinecke weiter. 2.200 verschiedene Arten gebe es laut Schätzungen. "Auf den Ostfriesischen Inseln ist der Lebensraum der Schmetterlinge noch ziemlich naturnah. Den Arten dort geht es relativ gut. Längerfristig muss man sich dennoch fragen, wie sich die Küstenregion mit den zunehmenden Hochwasserereignissen entwickelt", so der NABU-Experte. Zunehmend schwieriger werde es aktuell für Arten in der Mitte Niedersachsens, dort, wo viele Flächen landwirtschaftlich genutzt werden.
NABU: "Was entscheidend ist, ist der langfristige Trend"
Schwankungen bei den Schmetterlingspopulationen seien im Allgemeinen normal, sagt Heinecke. "Es gibt immer mal ein Jahr, das entweder besser oder schlechter für die Insekten ist. Was entscheidend ist, ist der langfristige Trend." Der Gifhorner Schmetterlingskundler Wolfgang Rozicki blickt vorsichtig optimistisch in Richtung 2025: "Die Wasserreservoire sind gerade vielerorts gut gefüllt. Ich hoffe, dass sich dieser Zustand über die nächsten Monate hält und wir weiterhin einen positiven Trend erkennen können."