Prozess um 16 Tonnen Kokain: BGH kippt Urteil
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig hat ein Urteil in einem 16-Tonnen-Kokain-Verfahren aufgehoben, an dem ein mutmaßlich korrupter Staatsanwalt aus Hannover beteiligt war.
Der BGH begründete die Entscheidung am Montag damit, dass das Landgericht Hannover keine Strafmilderungsgründe erwogen habe, obwohl der Angeklagte Jonas H. versucht hatte, im Prozess die Tat aufzuklären. Der Spediteur hatte den Staatsanwalt, der ihn selbst angeklagt hatte, im Verfahren beschuldigt. Yashar G. habe der Drogenbande Emittlungsinterna weitergeleitet, sagte Jonas H. im Prozess. Er sei somit selbst in den Fall involviert gewesen. Diese "Aufklärungsbemühungen" des Angeklagten sind laut BGH nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Urteil wegen bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln bleibt bestehen
Die Tatsache, dass das Landgericht Hannover Jonas H. wegen bandenmäßigen Handelns mit Betäubungsmitteln verurteilt hatte, hält der BGH dagegen für rechtmäßig. Jonas H. wurde 2023 vom Landgericht Hannover zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Er sei an der Einfuhr von 16 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen beteiligt gewesen, lautete die Begründung. Pikant: Gegen den Staatsanwalt aus Hannover wurde zwar damals schon ermittelt - vom Verfahren abgezogen wurde er allerdings nicht.
Verteidigung: Kein faires Verfahren
Für die Verteidigung von Jonas H. war das ein Grund, vor den BGH zu ziehen. Der Grundsatz eines fairen Verfahrens sei nicht gegeben gewesen. "Was daran stört, ist, dass er im Prinzip zum Staatsanwalt in eigener Sache wird", sagte Verteidiger Raban Funk Ende November bei der ersten Verhandlung vor dem BGH. Der beschuldigte Staatsanwalt habe eigene Interessen gehabt und den Verdacht gegen ihn komplett ausgespart. Yashar G. hatte in dem Verfahren gegen Jonas H. eine hohe Haftstrafe gefordert. Nach dem BGH-Urteil am Montag betonte Verteidiger Raban Funk: "Wir sind sehr zufrieden. Unser Mandant bekommt damit endlich eine Chance auf ein faires Urteil."
Bundesanwaltschaft sieht keine Rechtsfehler
Die Bundesanwaltschaft sah indes keine Gründe, das ursprüngliche Verfahren zu kippen: "Es geht hier darum, Rechtsfehler festzustellen und zu beheben und solche konnte ich nicht erkennen", sagte Frank Skamel, Vertreter der Bundesanwaltschaft, vor rund zwei Wochen in Leipzig. Der BGH hat ebenfalls keinen Rechtsfehler festgestellt, weil die Staatsanwaltschaft einen zweiten Sitzungsvertreter mitgeschickt hatte. Das Urteil wurde nun aber dennoch aufgehoben. Eben weil das Landgericht Hannover nicht ausreichend berücksichtigt hatte, dass der Angeklagte dabei habe mithelfen wollen, die Tat aufzuklären. Nun muss eine andere Strafkammer des Landgerichts Hannover über die Höhe der Strafe verhandeln.
Beschuldigter Staatsanwalt inzwischen in U-Haft
Die Ermittlungen gegen den Staatsanwalt aus Hannover, die sich auch auf die Aussagen von Jonas H. stützen, wurden 2023 zunächst eingestellt. In diesem Jahr wurden die Ermittlungen gegen Yashar G. erneut aufgenommen. Seit Ende Oktober sitzt er in Untersuchungshaft, gegen ihn besteht ein dringender Tatverdacht. Konkret geht es um den Verdacht der Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall, die Verletzung von Dienstgeheimnissen und die Strafvereitelung im Amt.
CDU spricht von Justizskandal
Politisch ist das Thema ohnehin nicht vom Tisch. In Niedersachsen stellen sich noch viele Fragen. Denn Staatsanwalt Yashar G. konnte auch in diesem Jahr weiter an Drogenverfahren mitwirken und wurde nicht abgezogen, obwohl wieder gegen ihn ermittelt wurde. Das begründete Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) damit, dass dadurch verdeckt gegen den Beschuldigten ermittelt werden konnte. Die CDU-Fraktion spricht auch deshalb von einem "Justizskandal". Das BGH-Urteil von diesem Montag wollte das Justizministerium auf Anfrage des NDR Niedersachsen weder bewerten noch kommentieren.