Behördenleck: Staatsanwälte müssen Zentralregister-Auszug vorlegen
Der mutmaßlich korrupte Staatsanwalt aus Hannover hat am Donnerstag auch den Landtag beschäftigt. Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) hat nun eine weitere Konsequenz aus dem Fall gezogen.
Wenn Staatsanwälte die Landesbehörden wechseln, muss künftig ein Auszug aus dem Bundeszentralregister angefordert werden. Das hat Wahlmann am Donnerstag im Landtag verkündet. Dieser Auszug gibt Aufschluss über alle relevanten Verurteilungen und ist damit deutlich umfassender als ein polizeiliches Führungszeugnis. Bisher ist das nicht der Fall gewesen. "Wir haben die Praxis jetzt geändert", sagt die Justizministerin am Donnerstag in Hannover. Heißt auch: Im Fall des beschuldigten Staatsanwalts Yashar G. musste ein solches Dokument nicht vorgelegt werden.
Staatsanwalt mit Verbindungen zu Drogenbande?
Dem Staatsanwalt wird vorgeworfen, Ermittlungsinterna an ein Drogenbande weitergeleitet zu haben - möglicherweise gegen Geld. Die Bande ist für den bis dato größten Drogenfund der deutschen Geschichte verantwortlich: 2021 wurden am Hamburger Hafen 16 Tonnen Kokain sichergestellt. Der Anwalt von Yashar G. hat im Gespräch mit der "Bild-Zeitung" die Vorwürfe zurückgewiesen, gegenüber dem NDR wollte er sich bisher nicht äußern. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Justizministerium: Einträge heute nicht mehr nachvollziehbar
Mit der Ankündigung der Justizministerin im Landtag stellt sich nun allerdings die Frage: Gibt es in dem Auszug aus dem Bundeszentralregister Hinweise darauf, dass Yashar G. möglicherweise vorbestraft ist? Auf Anfrage teilte des Justizministerium dem NDR Niedersachsen mit: Ob es damals Einträge gegeben habe, sei heute nicht mehr nachvollziehbar. Eben weil ein Auszug damals nicht angefordert worden war. Für Verurteilungen, die im Bundeszentralregister erfasst werden, gibt es zudem klare Löschfristen.
Staatsanwaltschaft Osnabrück hat die Ermittlungen übernommen
Es ist nicht die erste Konsequenz, die die Ministerin aus dem Fall zieht. Wahlmann hat bereits angeordnet, dass Staatsanwaltschaften nicht mehr gegen sich selbst ermitteln dürfen. Denn an dem Vorgehen, dass die Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Kollegen Yashar G. ermittelt hat, gab es Kritik. Wahlmann begründet diese Entscheidung damit, dass nicht der "leiseste Hauch eines Zweifels" an der Aufklärungsarbeit entstehen soll. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück die Ermittlungen übernommen.
CDU: Vorwürfe "erschüttern das Vertrauen in den Rechtsstaat"
Aus Sicht der CDU sind weiterhin viele Fragen offen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Carina Hermann macht am Donnerstag im Landtag deutlich: Die Vorwürfe "erschüttern das Vertrauen in den Rechtsstaat". Hermann wirft der Justizministerin vor, die Dinge einfach laufen gelassen zu haben. Immerhin wurde 2022 zum ersten Mal gegen Yashar G. ermittelt, die Ermittlungen wurden dann allerdings eingestellt. Und auch als er dieses Jahr wieder ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet, wurde er nicht von den Drogenprozessen abgezogen. Das Ministerium nannte diesbezüglich als Begründung: Nur so hätten die Behörden weiter verdeckt gegen ihn ermitteln können.
Gegenseitige Schuldzuweisung
Die AfD wirft der CDU das vor, was man sonst ihr vorwirft: Populismus. Der Staatsanwalt werde so vorverurteilt, heißt es. SPD und Grüne halten das Vorgehen des Justizministeriums für richtig und weisen die Kritik an der Ministerin zurück: Der Staatsanwalt sei in der vergangenen Regierungsperiode eingestellt und in dieser Zeit sei auch zum ersten Mal gegen ihn ermittelt worden. Damals war CDU-Politikerin Barbara Havliza Justizministerin. Carina Hermann arbeitete damals als Referatsleiterin im Ministerium. Die CDU habe selbst nichts unternommen. Die Debatte erweckt vor allem einen Eindruck: Verantwortlich für das Leck in der Behörde will ganz offensichtlich niemand sein.