"ProBeweis" für Gewaltopfer: Krankenkassen zahlen Untersuchungen

Stand: 30.08.2023 06:21 Uhr

Gewaltopfer haben oft Scheu, die Tat anzuzeigen, vor allem im familiären Kontext. Die Initiative ProBeweis hilft dabei, die Misshandlungsspuren für später zu sichern. Die Finanzierung ist nun gesichert.

In Niedersachsen als erstem Bundesland übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung ab dem 1. Januar 2024 die Finanzierung der verfahrensunabhängigen Beweissicherung. Am Mittwoch unterzeichnen Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), Vertretende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Leiter des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) in Niedersachsen Hanno Kummer - in Vertretung für alle gesetzlichen Kassen - einen entsprechenden Vertrag.

V. li nach re: Anette Debertin, Leiterin des Netzwerks ProBeweis, Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), MHH-Direktor Michael Manns und vdek-Leiter Hanno Kummer präsentieren den Vertrag zur Finanzierung der vertraulichen Spurensicherung. © Christina Sticht/dpa Foto: Christina Sticht/dpa
(V. li n. re:) Anette Debertin (ProBeweis), Gesundheitsminister Philippi (SPD), Michael Manns (MHH) und Hanno Kummer (vdek) präsentierten den Finanzierungsvertrag der vertraulichen Spurensicherung.
Spuren der Gewalt werden für mehrere Jahre gesichert

Die auch "vertrauliche Spurensicherung" genannte Form der Dokumentation von Verletzungen gibt es in Niedersachsen bereits seit 2012. Damals baute die Rechtsmedizinerin Anette Debertin von der MHH die Initiative ProBeweis auf. Damit wollte sie dem Umstand begegnen, dass blaue Flecken und andere Verletzungen verschwinden und sich Gewalt dann nicht mehr beweisen lässt. "Oft sind die Betroffenen noch unentschlossen, ob sie Anzeige erstatten wollen", sagte Debertin, die an der MHH Oberärztin am Institut für Rechtsmedizin ist. In mehr als 40 Kliniken in Niedersachsen sichern und dokumentieren geschulte Ärztinnen und Ärzte deswegen die Spuren der Gewalt - auch wenn zunächst keine Anzeige erfolgt. Die Spuren werden für mindestens drei Jahre gesichert, die Fotos und Dokumentationsbögen sogar 30 Jahre - falls sich ein Opfer doch noch zu einer Anzeige entschließt.

Auch in anderen Bundesländer Kostenübernahme für ProBeweis vor Abschluss

Dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nun übernehmen, wurde durch ein entsprechendes Gesetz aus dem Jahr 2020 notwendig. Niedersachsen sei nun Vorreiter, heißt es vonseiten des vdek. Nach Angaben von vdek-Sprecher Simon Kopelke sind auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg kurz vor dem Abschluss von Verträgen mit den gesetzlichen Krankenkassen.

Weitere Informationen
Ein Kind sitzt verängstigt auf dem Boden. © Screenshot
3 Min

Fälle häuslicher Gewalt in Niedersachsen nehmen zu

Im vergangenen Jahr ist die Zahl um elf Prozent gestiegen. Gewalt in Partnerschaften ist oft ein schleichender Prozess. (11.07.2023) 3 Min

Junge Frau verschränkt ihre Arme vorm Gesicht. An den Ellenbogen sind blaue Flecke. © Nanduu/Photocase Foto: -

Niedersachsen will härtere Strafen für häusliche Gewalt

Das Land plant eine Bundesratsinitiative. In 80 Prozent der Fälle von Gewalt in der Partnerschaft sind Frauen betroffen. (19.08.2023) mehr

Weibliche Hände machen eine abwehrende Geste. © Eliza / photocase.de Foto: Eliza / photocase.de

Häusliche Gewalt: Anstieg in Niedersachsen über dem Bundesschnitt

Laut Lagebericht gibt es durchschnittlich 74 Fälle pro Tag. Der Kinderschutzbund fordert mehr Hilfe durch die Politik. (12.07.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Hallo Niedersachsen | 30.08.2023 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Schimmel in einem Schulgebäude. © picture alliance/dpa | Annette Riedl Foto: Annette Riedl

Schimmel: Hauptschule in Buxtehude für Monate geschlossen

Laut Stadt soll die Schließung voraussichtlich bis Februar 2025 dauern. Rund 190 Schülerinnen und Schüler sind betroffen. mehr