"ProBeweis" für Gewaltopfer: Krankenkassen zahlen Untersuchungen
Gewaltopfer haben oft Scheu, die Tat anzuzeigen, vor allem im familiären Kontext. Die Initiative ProBeweis hilft dabei, die Misshandlungsspuren für später zu sichern. Die Finanzierung ist nun gesichert.
In Niedersachsen als erstem Bundesland übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung ab dem 1. Januar 2024 die Finanzierung der verfahrensunabhängigen Beweissicherung. Am Mittwoch unterzeichnen Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), Vertretende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Leiter des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) in Niedersachsen Hanno Kummer - in Vertretung für alle gesetzlichen Kassen - einen entsprechenden Vertrag.
Spuren der Gewalt werden für mehrere Jahre gesichert
Die auch "vertrauliche Spurensicherung" genannte Form der Dokumentation von Verletzungen gibt es in Niedersachsen bereits seit 2012. Damals baute die Rechtsmedizinerin Anette Debertin von der MHH die Initiative ProBeweis auf. Damit wollte sie dem Umstand begegnen, dass blaue Flecken und andere Verletzungen verschwinden und sich Gewalt dann nicht mehr beweisen lässt. "Oft sind die Betroffenen noch unentschlossen, ob sie Anzeige erstatten wollen", sagte Debertin, die an der MHH Oberärztin am Institut für Rechtsmedizin ist. In mehr als 40 Kliniken in Niedersachsen sichern und dokumentieren geschulte Ärztinnen und Ärzte deswegen die Spuren der Gewalt - auch wenn zunächst keine Anzeige erfolgt. Die Spuren werden für mindestens drei Jahre gesichert, die Fotos und Dokumentationsbögen sogar 30 Jahre - falls sich ein Opfer doch noch zu einer Anzeige entschließt.
Auch in anderen Bundesländer Kostenübernahme für ProBeweis vor Abschluss
Dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nun übernehmen, wurde durch ein entsprechendes Gesetz aus dem Jahr 2020 notwendig. Niedersachsen sei nun Vorreiter, heißt es vonseiten des vdek. Nach Angaben von vdek-Sprecher Simon Kopelke sind auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg kurz vor dem Abschluss von Verträgen mit den gesetzlichen Krankenkassen.