Organisierte Kriminalität: Drogenhandel größtes Problem

Stand: 20.11.2023 12:42 Uhr

Niedersachsens Polizei hat 2022 insgesamt 68 Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität geführt. Weitere 17 sogenannte Ermittlungskomplexe wurden von Bundespolizei und Zoll bearbeitet.

Bei der Mehrzahl der Ermittlungen standen Fälle von Drogenkriminalität im Mittelpunkt. In 52 der insgesamt 85 Ermittlungsverfahren ging es um Schmuggel oder Handel mit Betäubungsmitteln. Deutschland sei nicht nur Abnehmerland, sondern auch zentraler europäischer Knotenpunkt beim Umschlag von Drogen aus Südamerika und dem Nahen Osten, hieß es bei der Vorstellung des sogenannten Lagebilds Organisierte Kriminalität 2022 am Montag in Hannover.

Gesamtschaden beträgt fast eine halbe Milliarde Euro

Bei den Ermittlungen gegen die Organisierte Kriminalität in Niedersachsen wurden insgesamt 684 Tatverdächtige festgestellt, teilte Landespolizeipräsident Axel Brockmann mit. Der hochgerechnete Gesamtschaden belief sich 2022 demnach auf 468 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor waren es "nur" 167 Millionen Euro. Die Ermittler stellten Vermögenswerte von 6,3 Millionen Euro sicher (2021: 4 Millionen Euro). Insgesamt wurden Verdächtige aus 50 verschiedenen Staaten ermittelt. Etwa 46 Prozent der mutmaßlichen Täter haben die deutsche Staatsbürgerschaft.

Schwerpunkte der Organisierten Kriminalität in Niedersachsen

  • Rauschgiftkriminalität
  • Wirtschaftskriminalität
  • Cybercrime
  • Schleusungskriminalität
  • Steuer- und Zolldelikte
  • Geldwäsche
  • Eigentumskriminalität
  • Gewaltdelikte
  • Fälschungsdelikte

(Quelle: Innenministerium Niedersachsen, Justizministerium Niedersachsen)

Knacken von Krypto-Handys wichtiger Schlüssel für Ermittler

Eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität spielt für die niedersächsischen Ermittler die Entschlüsselung sogenannter Krypto-Handys. Nachdem zunächst über Monate mehrere Millionen Nachrichten des Anbieters Enchro-Chat abgefangen wurden, konnten die Ermittler auch verschlüsselte Botschaften der Plattformen SkyECC und ANOM abfangen. Diese zum Teil noch laufenden Entschlüsselungen erreichen die Ermittlungsbehörden in den Bundesländern und haben auch für Niedersachsen eine außergewöhnliche Dimension erreicht. Demnach basierten 2022 landesweit mehr als 40 Prozent der Verfahren auf Erkenntnissen aus der entschlüsselten Kommunikation von Tatverdächtigen.

VIDEO: Die gesamte Pressekonferenz zur Organisierten Kriminalität (68 Min)

Cybercrime stellt Ermittler vor große Herausforderungen

Cybercrime ist ein zentrales Thema in der Organisierten Kriminalität. "Zunehmende Verschlüsselung und wahnsinnige Datenmengen" bereiteten "Polizei und Staatsanwaltschaften riesige Probleme", erklärt Thomas Hackner, der im Justizministerium die Abteilung Strafrecht leitet. Ein regelrechtes "Baukastensystem" für Betrüger mit vorgefertigten Elementen könne im Internet erworben werden. Damit stünden auch dem "technisch weniger versierten Straftäter" Mittel zur Verfügung, um Betrugsmodelle zusammenzubauen, so Hackner. Das führe dazu, dass "so ein Phänomen wie Fake-Shops explosionsartig zugenommen“ habe. Auch der Verkauf von nur scheinbar vorhandenen Finanzprodukten habe zugenommen.

Wahlmann: Kampfansage gegen Organisierte Kriminalität

Im bundesweiten Vergleich der Verfahren zur Organisierten Kriminalität liegt Niedersachsen bundesweit an zweiter Stelle. Die Straftaten würden "fast ausschließlich durch polizeiliche Maßnahmen bekannt", konstatierte Polizeipräsident Axel Brockmann. Nur Einzeltaten würden durch die Anzeigen von Geschädigten auffliegen. Die dahinterliegenden Strukturen zu erkennen und zu zerschlagen sei immer eine Frage der Ermittlungstiefe, so der Landespolizeichef. "Wir werden nicht zulassen, dass sich Organisierte Kriminalität weiter ausbreitet", sagte Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD). "Insbesondere nicht in Niedersachsen, was wir zu verantworten haben. Wir wollen hier auch keine Gewaltszenen wie in Schweden, Belgien oder den Niederlanden."

Polizei und Justiz sollen gestärkt werden

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