Mit Hilfe von KI den Ausbau von Windenegie vorantreiben
Beim Ausbau der Windenergie sind dringend Lösungen gefragt: Ein Projekt aus Niedersachsen will mit Hilfe von künstlicher Intelligenz dabei helfen, schneller Flächen für Windkraftanlagen zu finden.
Die Bundesregierung hat sich einiges vorgenommen: Laut Ampel-Koalitionsvertrag sollen in jedem Bundesland zwei Prozent der Fläche für Windkraft zur Verfügung stehen. Allerdings müssen diese Flächen erstmal gefunden werden. Zudem scheitern Windenergie-Projekte immer wieder am Widerstand von Anwohnern oder Naturschützern. Ein weiteres Problem: Viele der 30.000 Windräder in Deutschland gehen bald vom Netz - unter anderem, weil sie zu alt sind. Beim Ausbau der Windenergie ist also dringend mehr Tempo nötig, sagen Experten. Ein Projekt aus Niedersachsen will hier mit Hilfe von künstlicher Intelligenz nachhelfen.
Errichtung von Windkraftanlagen dauert manchmal Jahre
Ortstermin in Pattensen in der Region Hannover: Die drei Rotorblätter einer Windkraftanlage wirken gigantisch. An ihrem Sockel steht Axel Müller. Er ist erster Stadtrat. Der Wind pfeift ihm heftig um die Ohren und es scheint, als sei dieses Feld genau die richtige Stelle für den neuen Windpark, der hier entstehen soll. Es geht um 14 zusätzliche Windräder. Es ist nicht leicht, dafür den richtigen Ort zu finden. Das liegt nicht nur an den vielen Genehmigungen, die eingeholt werden müssen, weiß Axel Müller: "Wir haben in unserem Flächenplannutzungsprozess schon mögliche Gegenstimmen berücksichtigt, die sich kein Windrad vor ihrer Haustür vorstellen können." Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei nicht überall gegeben. Manchmal gebe es Widerstände bis zu Gerichtsverfahren. Bis zur Realisierung einer Windenergieanlage könne es daher manchmal Jahre dauern.
Software soll Ausbau von Windkraft beschleunigen
Wie kann also die Suche nach geeigneten Flächen für Windkraftanlagen schneller gehen? In einem Hochhaus der Uni Hannover haben Forschende Antworten auf diese Frage gefunden. Im vierten Stock hat Raimund Rolfes sein Büro. Er ist der Leiter des Instituts für Statik und Dynamik. Hier arbeiten er und seine Kolleginnen und Kollegen an einer neuen Software. Das System Windgiski kann man sich als eine intelligente Landkarte vorstellen: "Wir wollen ein System haben, das uns verschiedene Flächen bewertet, auf denen man möglicherweise Windenergieanlagen errichten könnte." Das System liefert dabei eine Reihenfolge von Flächen, die vermutlich zu einer erfolgreichen und schnellen Realisierung von Windenergieprojekten führen würden.
Maschinelle Auswertung von Daten erleichtert Planung
Die Künstliche Intelligenz soll die Arbeit der Planer erleichtern. Sie sehen auf dem Bildschirm die besten Flächen für Windkraft in jedem Winkel Deutschlands. Die Maschine wertet dafür Unmengen an Daten aus, erklärt Raimund Rolfes: "Es sollen mindestens 25 verschiedene Einflussfaktoren aus Natur, Umweltschutz und Emissionsschutz einbezogen werden. Die Nähe zu Siedlungen oder Infrastrukturrandbedingungen wie die Nähe zu Flughäfen spielen da eine Rolle."
Die Maschine lernt dabei mit Informationen aus bisherigen Windenergie-Projekten und wertet aus, welche funktioniert haben und warum. Die Software soll auch simulieren können, wie laut ein neues Windrad für die Anwohner werden kann - je nachdem, wo es steht. Wichtig dabei ist die Umgebung. Denn Hügel, Bäume oder die Windrichtung können den Schall einer Anlage stark beeinflussen.
Bund fördert das Projekt
Für Raimund Rolfes von der Universität Hannover spielt natürlich auch der Artenschutz eine wichtige Rolle: "Wir haben einen Partner, der einen Atlas für die Lebensräume windenergiesensitiver Vogelarten nutzbar macht. Damit bekommen wir schnell einen Überblick ob wir zum Beispiel mit den Habitaten des Rotmilans in Konflikt kommen, oder ob es sich eher um ein unkritisches Gebiet handelt." Für das Forschungsprojekt Windgiski haben sich mehrere Akteure zusammengeschlossen. Auch Sozialwissenschaftler*innen sind an Bord. Insgesamt acht Forschungseinrichtungen aus Niedersachsen, Unternehmen und Verbände sind an dem Projekt beteiligt. Inzwischen wird es auch mit zwei Millionen Euro vom Bundesumweltministerium gefördert.
Kein Mittel gegen Proteste - aber sicher Erleichterung
Künstliche Intelligenz liefert also per Knopfdruck geeignete Flächen für Windenergie. Das kann die Suche enorm beschleunigen - auch weil Protest von Anwohnern oder Naturschützern so vermieden werden kann. In drei Jahren jedenfalls sollen die ersten Kommunen und Planer die Software in einer Pilotphase testen können. In Pattensen könnte bis dahin der neue Windpark bereits gebaut sein. Zu einer Software die das einfacher und schneller macht, würde auch Stadtrat Müller nicht Nein sagen: "Ich kann mir schon vorstellen, dass es hilfreich wäre, wenn man das auf Knopfdruck abrufen kann."